Ich betätige mich ehrenamtlich fördernd in der Grundschule, und das einschneidendste Erlebnis hatte ich mit einem Mädchen, das massiv unter AD(H)S-Symptomen litt.
Jungen haben meist vor allem verhaltensauffällige ADHS-Probleme. Bei Mädchen stehen diese nicht im Vordergrund, aber die AD(H)S-Problematik ist nicht weniger dramatisch.
Ich habe besagtes Mädchen in der gesamten Grundschulzeit begleitet. Bis ins dritte Schuljahr hinein hatte sie massiv Probleme, hauptsächlich in Mathematik, vor allem weil sie massive Wahrnehmungseigenheiten aufwies.
Sowohl ihrer Lehrerin als auch mir war ziemlich früh klar, dass sie 'eigentlich' gute mathematische Fähigkeiten hat, die aufgrund ihrer Eigenheiten aber nicht zum Tragen kamen.
Die Mutter tippte irgendwann auf Dyskalkulie (ich vermute, sie war an einem Nachteilsausgleich interessiert), und von unserem lokalen MLI-Institut wurden - sehr partiell nur - Dyskalkuliesymptome gefunden, was ihre Lehrerin und mich sehr verwunderte.
Aufgrund ihrer massiven mathematischen Probleme habe ich ihr dann außerschulisch bezahlte Nachhilfe gegeben, um ihr umfangreich zu helfen - mit mäßigem Erfolg. Da die AD(H)S-Problematik aber klar vorhanden war, hatte ich von Anfang an versucht, die Eltern für eine AD(H)S-Behandlung zu motivieren. Das gelang mir leider nicht.
Später dann sind die Eltern diesen Weg gegangen, letztlich mit durchschlagendem Erfolg. Die verhaltenstherapeutische Behandlung nahmen sie nur eher kurze Zeit wahr, die medikamentöse Behandlung behielten sie aber bei. Und das hat sich ausgezahlt. Gegen Ende des 4. Schuljahrs war sie eine der besten des Jahrgangs in Mathematik. Während sie früher hastig-unorganisiert und entsprechend fehlerhaft ihre Aufgaben rechnete, war es letztlich eine Augenweide, dem Mädchen beim Rechnen zuzuschauen.
Ich hatte im 4. Schuljahr mit jeweils 2 Kindern der Parallelklasse in Deutsch gearbeitet, und da musste ich immer warten, bis die aus beiden 4. zusammengelegten Klassen ihre 'Mathe-Olympiade' (Wiederholungsaufgaben) absolviert hatten. Da saß ich dann immer wartend schräg vor 'meinem' AD(H)S-Kind und konnte begeistert verfolgen, wie souverän und zügig, aber nicht-hastig sie ihre Aufgaben rechnete, und zum Schluss, da noch Zeit war, sie alles kontrollierte. Einfach super! Auch bei Aufgaben, wo viele 'normale' Kinder Probleme hatten.
Was ich damit sagen möchte: ADHS-Medikamente werden vielfach - vor allem in den Medien - zu Unrecht verteufelt. Natürlich gibt man diese nicht, wenn es nicht notwendig ist. Angst vor Persönlichkeitsveränderungen sind nicht unbegründet, aber ich denke, man muss das im Kontext sehen. Das Mädchen, von dem ich hier berichte, machte ohne AD(H)S-Behandlung manchmal einen etwas unglücklichen Eindruck (z.B. weil der Umgang mit ihren Freudinnen nicht so recht geklappt hat), und auch mit Behandlung war das nicht viel anders. Soweit ich das beurteilen kann: vor der Behandlung hatte sie ein recht dominantes Verhalten, was sich letzlich negativ für sie auswirkte. Mit der Behandlung hatte sich ihr dominantes Verhalten verbessert, aber 'ausgeglichen' war ihr Wesen deshalb noch lange nicht.
Zur Mathematik:
Ich bemühe mich sehr, allen Kindern mit Problemen in der Mathemaik zu helfen, und ich habe an einigen Stellen einen meiner Meinung nach günstigen Zugang zur Mathematik und zur Rechtschreibung gefunden.
Ich habe diese auf meiner Homepage www.horst-albrecht.de unter dem Punkt 'Grundschulkinder fördern' zusammengefasst. Vielleicht kann das an der einen oder anderen Stelle helfen.