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Forum: "Geschichte zum Weiterschreiben. Teil 2"

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23 - 10.neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: aloevera Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 27.06.2006 16:44:50 geändert: 27.06.2006 20:29:26

Jack war in seiner männlichen Eitelkeit sehr gekränkt, dass beide Frauen so Hals über Kopf verschwanden. Na ja, wenn die Pflicht ruft, dachte er mit einem seufzenden Blick auf die schlaffe Bettdecke. Die Gefahr war gebannt und er konnte erst einmal in Ruhe ins Bad gehen.
Das wichtigste war, dass im Wohnzimmer ein Fernseher stand. Auf vielen Kanälen konnte er die highlights des gestrigen Abends noch einmal erleben. Als er die gewaltige Stimmung und die jubelnden siebenhunderttausend Menschen auf der Berliner Fanmeile zwischen dem Brandenburger Tor und der Siegessäule sah, waren Delia und Verena erst einmal vergessen. Nur noch wenige Tage und er würde ein Teil dieses Ganzen sein. Beim Anblick des Autokorsos über den Kurfürstendamm glänzten seine Augen und ein wohliger Schauer lief ihm über den Rücken. Was würde er erst im Berliner Olympiastadion erleben, wenn er, Hans-Rüdiger Schäfer, die Deutsche Elf gegen Argentinien mit lauter Stimme anfeuern würde, seine schwarz-rot-goldene Fahne schwenkend. Er hatte sich in den letzten Tagen mit einigen Fanartikeln ausgestattet: ein schwarz-rot-goldenes T-Shirt, passend dazu eine schwarz-rot-goldene Irokesenperücke, Fahnen in unterschiedlicher Größe und Schminke mit den drei Farben. Wenn Hans-Rüdiger Schäfer im Olympiastadion saß, würde die deutsche Mannschaft weiterkommen, dessen war er sich ganz sicher.


23 - 11.neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: aloevera Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 27.06.2006 20:20:39 geändert: 27.06.2006 22:58:36

Am Montag morgen brachte Max Marion zuerst in die Schule und fuhr dann direkt zum Schulamt. Er wollte endlich Klarheit haben, wie es mit ihm weitergehen sollte. Das Erbe seiner Eltern hatte ihm diverse Rücklagen eingebracht, aber es ging nicht um finanzielle Aspekte, sondern um seinen Beruf, den er liebte und den er nach den Ferien gerne wieder ausüben wollte. Herr von Foch hatte zwar wenig Zeit, empfing Max aber. Max trat nun ein wenige forscher auf als beim ersten Mal und erklärte dem Schulrat seine private Situation, seine Lebensgefährtin erwarte ein Kind (dass es nicht seines war, ging das Schulamt nichts an), der Umzug in ein Haus mit mehr Platz war in den Ferien nötig (die geräumige Eigentumswohnung band Max Herrn von Foch auch nicht auf die Nase) und dass Max eine Familie mit zu ernähren hatte, ergab sich aus der Situation. Sichtlich beeindruckt von seinem privaten Engagement versicherte der Schulrat ihm nach unzähligen Notizen, dass die Untersuchungen vor dem Abschluss stünden und er hoffe, Max noch vor Beginn der Ferien einen positiven Bescheid geben zu können.
„Na bitte“, dachte Max zufrieden, als er im Auto saß. Man muss nicht Matthieu Carriére heißen und sich vor dem Bundesjustizministerium mit einer Dornenkrone ans Kreuz binden lassen, um für seine Rechte zu kämpfen. Aus dem Handschuhfach piepte sein Handy und signalisierte eine SMS. „Bin wieder zu hause. Wenn Du Zeit hast, komm vorbei.“
Na, endlich! Er hatte einige Tage nichts von Nadine gehört und sich schon Sorgen um sie gemacht. „Bin in zehn Minuten bei Dir!“ antwortete er und fuhr los.
Bleich, dünn und mit tiefen Ringen unter den Augen machte sie ihm die Tür auf. Das blanke Entsetzen stand ihr noch im Gesicht geschrieben. Max ließ sich seinen Schrecken nicht anmerken und nahm sie einfach fest in die Arme.


23 - 12.neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: aloevera Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 28.06.2006 12:14:13 geändert: 28.06.2006 12:32:54

Max hatte seine kleine Schwester noch nie so deprimiert und am Ende ihrer Kräfte gesehen. Sie, die bisher scheinbar unerschöpfliche Power besessen hatte und alles, was sie tat, mit Freude und Optimismus begann, wirkte plötzlich wie eine Fremde. Erst zögerlich, dann immer schneller, erzählte sie Max von ihren Erlebnissen auf Java. Sie schien durch Max hindurch zu sehen und sah all das Furchtbare noch einmal vor ihrem geistigen Auge, das Ausmaß der Zerstörung durch das gewaltige Erdbeben, die endlose Suche nach Vermissten, die dann oft nur noch tot geborgen werden konnten, die Verzweiflung der Menschen, wenn all ihr Hab und Gut dem Erdbeben zum Opfer gefallen war und sie vor dem absoluten Nichts standen. Sie erzählte von zwei Kindern, die ihr unter den Händen weggestorben waren… Max hörte ihr zu, ohne sie zu unterbrechen und erahnte, was sie durchgemacht haben musste, während bei uns alle Welt nur an den Weltmeistertitel und an Partys und gute Laune dachte. Max glaubte seinen Ohren nicht zu trauen, als Nadine ihren Bericht mit den Worten beendete „Meine jahrelangen Pläne, später ins Ausland zu gehen und dort zu arbeiten, habe ich erst mal auf Eis gelegt. Ich habe noch nicht das nötige dicke Fell, um soviel Leid zu ertragen. Vielleicht sollte ich später eine eigene Praxis für ambulante Operationen aufmachen, heiraten und Kinder kriegen.“ Max jubelte innerlich, gab aber keinen Kommentar ab, denn er führte diese Aussage auf ihre körperliche und seelische Verfassung zurück. Bis Nadine ihre Facharztausbildung beendet hatte, würde noch viel Wasser durch Vater Rhein fließen. Er versuchte sie zu überreden, für ein paar Tage mit zu ihm zu kommen und wollte sie gerade darauf vorbereiten, dass er nicht mehr alleine wohnt, als sie müde abwinkte und antwortete „Ich fahre morgen für ein paar Tage nach Österreich und besuche Onkel Gregor. Gestern abend habe ich mit ihm telefoniert und alles mit ihm besprochen. Ich brauche jetzt nur ein wenig Ruhe und Erholung.“ Max wusste, dass Nadine bei Gregor in den besten Händen war und erzählte ihr, was ihm in der Zeit ihrer Abwesenheit alles widerfahren war.


24 - 1.neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: aloevera Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 29.06.2006 18:24:44

Jack war nie ein großer Organisator gewesen, aber seine Reise nach Berlin musste gründlich vorbereitet werden. In der kurzen Zeit, in der er im Fitnessstudio tätig war, hatten sich zwar einige Überstunden angesammelt, aber er wusste, dass er noch keinen Anspruch auf einen freien Tag hatte. Er hatte zwei Möglichkeiten, er legte die Karten, besser gesagt, seine gewonnene Eintrittskarte zum Viertelfinale auf den Tisch oder er meldete sich für Freitag und Samstag krank. Da er diesen Job nicht aufs Spiel setzen konnte, wollte er es auf ehrlichem Weg versuchen. Die zweite Möglichkeit blieb ihm ja dann immer noch. Finanziell war er inzwischen soweit ausgebrannt, dass es für eine Zugfahrkarte zwar eben noch, aber für eine Übernachtung in Berlin wohl kaum reichen würde. Mit Hilfe von Delias PC legte er seine Reisepläne fest. Er könnte mit dem Frühzug nach Berlin fahren, vom neuen Hauptbahnhof weiter zum Olympiastadion fahren und nach dem Spiel würde er sich zur großen Fanmeile begeben und die Nacht auf einer großen Wiese im Tiergarten verbringen, so dass er früh morgens zu Fuß zum Bahnhof Zoo laufen und mit einem Zug so nach Münster zurückfahren könnte, dass er abends wieder im Studio wäre. Dazu musste er nur einen Dienst tauschen. Schlafsack und Isomatte hatte er, und wenn es nicht aus Kübeln goss, konnte er ruhig eine Nacht im Freien verbringen. Euphorisch sprang er unter die Dusche und trällerte vor sich hin, als hätte Deutschland bereits den Weltmeistertitel erspielt.


24.2neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: ricca Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 30.06.2006 11:33:54 geändert: 30.06.2006 11:35:08

Ungefähr zur gleichen Zeit näherte sich das Kreuzfahrtschiff mit Hildegunde, Robert und Charlotte an Bord seinem Heimathafen. Die Reise würde mit dem Anlegen beendet sein. Summend faltete Hildegunde die letzten Kleidungsstücke und legte sie sorgfältig geordnet in Koch- und Buntwäsche in ihren Reisekoffer. Den Scheck verstaute sie sicher in ihrer Brieftasche, die sie natürlich in ihren Mini-Trolley packte, der als Handgepäck zugelassen war. "Nur kein Risiko mehr eingehen!", war ihre Devise. Man konnte ja nie wissen, was diese Fluggesellschaften mit den Koffern anstellte und ob man seinen Koffer überhaupt jemals wieder zu Gesicht bekam.
Auch Dr. Hegebrecht und Charlotte packten ihre Koffer, besser gesagt, Charlotte packte und ihr Vater sah ihr auf dem Bett sitzend interessiert beim Packen zu. Frauen konnten sowas einfach besser. Plötzlich war aus Charlottes Handtasche ein leises piep piep zu hören. "Was war das denn?" , erkundigte sich Charlottes Vater. "Ach, nur eine SMS...", antwortete Charlotte und zog das Handy aus der Tasche. Das Display zeigte eine Nummer, die sie sicher kannte. Sie konnte sie nur momentan nicht genau einordnen. Der Text lautete: Ruf mich bitte an, sobald du kannst. Grüße, Verena
So langsam dämmerte es Charlotte. Verena war eine ihrer ersten Patientinnen gewesen. Charlotte war zwar nicht Ärztin geworden wie ihr Vater, aber es hatte sie trotzdem zu den heilenden Berufen hingezogen. Sie war Heilpraktikerin mit einer Zusatzausbildung in Stimm - und Sprecherziehung. Sie hatte Verena behandelt, weil diese berufsbedingte Probleme mit Stimmbändern und Kehlkopf hatte. Die langwierige Behandlung mündete in eine lockere, aber gute Freundschaft. Aber warum wollte Verena sie so dringend sprechen?
Charlotte steckte ihr Handy in die Handtasche zurück und beendete das Kofferpacken mit einem mulmigen Gefühl. Was kam da nur wieder auf sie zu?


24.3.neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: keinelehrerin Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 30.06.2006 13:22:38 geändert: 01.07.2006 21:12:03

Das Reiseunternehmen hatte einen Transfer zum Flughafen zur Verfügung gestellt.
Hildegunde, Robert, Charlotte und noch einige andere Gäste saßen nun in der Empfangshalle des Hamburger Flughafens und warteten auf ihre Anschlussflüge nach Hause. Charlotte entschuldigte sich, sie müsse telefonieren. So waren Hildegunde und Robert für einige Zeit allein; so allein wie man es in einer Abfertigungshalle eines Flughafens nun mal sein konnte. Robert räusperte sich verlegen. In den Tagen an Bord waren sie sich näher gekommen, hatten sich sogar einmal geküsst. Er würde gerne diese Frau weiter kennenlernen. Im Urlaub, das waren immer ganz besondere Wochen im Jahr. So ganz ohne die üblichen lästigen Verpflichtungen ließ auch der größte Pedant unter der jubelnden Sonne mal einen Whiskey Lemon mit Zitronensaft unkommentiert. Ja, aber wie war Hildegunde im Alltag? Wie lebte sie? Wer waren ihre Freunde? Hatte sie überhaupt welche?! Solche und ähnliche Dinge gingen Herrn Professor durch die Gedanken. Wieder räusperte er sich. "Hast du dich noch in den letzten Tagen erkältet?", erkundigte sich Hildegunde besorgt. "Du hättest den Pullunder ruhig überziehen sollen. Die Nachtluft ist oft trügerisch und gefährlich." Zu dem Thema gefährlicher Nächte hatte Robert allerdings eine ganz andere Interpretation als Hildegunde in diesem Moment, aber das brauchte er ihr ja nicht auf die Nase binden. "Nein," sagte er laut,"ich bin nicht erkältet. Ich habe mich nur gefragt, wie wir unsere Beziehung im Alltag vertiefen könnten, ohne dass wir zuviel Nähe aufkommen lassen. Vorerst mal noch." "Es ist schön, dass du dir die selben Gedanken machst, wie ich," flötete Hildegunde. "Ich würde dich und deine Tochter gern zu mir zum Sonntagskaffee einladen. sagen wir am Sonntag in zwei Wochen. Bis dorthin ist auch alles wieder durchgelüftet und aufgeräumt und die Schmutzwäsche wieder an ihrem Platz." Ja, das war die Hildegunde die er schätzte, direkt Nägel mit Köpfen machen, praktisch veranlagt. "Gern. Aber vorher sollten wir noch Charlotte fragen. Ah, da kommt sie ja gerade. Liebes," wandte sich Robert an seine Tochter,"Hildegunde hat uns in zwei Wochen zum Kaffee eingeladen. Ist das nicht nett von ihr?" "Nein," entfuhr es Charlotte. Und als sie die erschrockenen Gesicher sah, fügte sie etwas leiser hinzu: "Ich wurde auch gerade eingeladen." Der Flug von Hildegunde wurde aufgerufen, sie verabschiedete sich mit zwei Wangenküsschen von Robert und wollte auch so von Charlotte Abschied nehmen, als diese sie allerdings anzischte: "Lassen sie ihre Finger von Papa! Ich warne sie!" und sich wortlos umdrehte. Verwirrt ging Hildegunde auf den Ausgang zu.


24- 4.neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: aloevera Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 01.07.2006 11:47:02 geändert: 01.07.2006 11:52:32

Jack hatte es geschafft. Er hatte Glück, dass er bisher einen guten Eindruck im Studio hinterlassen und einen Chef hatte, der seine Fußballleidenschaft teilte. Er hatte frei bekommen und musste lediglich am Samstag um siebzehn Uhr seinen Dienst wieder antreten.
Berlin Hauptbahnhof – Freitag vormittag um 11.12. Uhr. Jack verließ mit vielen schwarz-rot-gold geschmückten Anhängern den Zug und machte sich auf den Weg zur S-Bahn. Ihm blieb noch genügend Zeit, sich ein wenig in der Stadt umzusehen. Als er vom Bahnhof Zoo in Richtung Gedächtniskirche lief, konnten sich die fahnengeschmückten Blechlawinen nur noch im Schritttempo in der Berliner City bewegen. Deutsche und argentinische Fans tummelten sich rund um die Gedächtniskirche und den Kurfürstendamm hinauf und hinunter. Er betrachtete das Fahnenmeer um sich herum und fühlte sich wie an einem Nationalfeiertag.
Sein Adrenalinspiegel stieg wie bei vielen anderen auch, je näher es auf den Anpfiff zuging. Kurz vor Spielbeginn gähnende Leere auf Straßen, Plätzen, U- und S-Bahnen…
Dann – der Anpfiff… Nicht nur im Olympiastadion sondern im ganzen Land erlebten die Menschen diese erste fünfundvierzig Minuten währende Zerreißprobe. Stille – ein ganzes Land hielt den Atem an. Ein entsetzter Aufschrei und ungläubige Gesichter nach dem Tor der Argentinier. Sorgenvolle Gesichter, Bangen und Hoffen für weitere dreißig Minuten. Jack erlebte das Geschehen auf dem Spielfeld wie in Hypnose. Das darf nicht das Ende sein! „ Jungens, macht weiter, nicht aufgeben…“ millionenfache innerliche Rufe an die Deutsche Elf. Achtzigste Spielminute – Miroslav Kloses Ausgleich erweckt das ganze Land aus seiner Starre…Alles ist wieder möglich… Der anschließende Elfmeter-Krimi stellte selbst den spannendsten Hitchcock-Film in den Schatten. Ein nicht enden wollender Jubelschrei durchzieht das Land, der Traum geht weiter… Trotz kühler Temperaturen war Jack schweißgebadet, sein Puls raste, sein Blutdruck hatte wahrscheinlich schwindelerregende Höhen angenommen, die schwarz-rot-goldene Bemalung in seinem Gesicht aber hielt Stand und auch seine Arme schwenkten die deutsche Fahne tapfer bis zum Schluss.
Als er nach dem Spiel an der Fanmeile angekommen war, ging die Party endlos weiter. Auf den Straßen der Innenstadt hupende Autokorsos, nichts ging mehr. Selbst die Polizeiwagen, denen eine Beflaggung untersagt war, hatten an ihren Innenscheiben eine Din-A4 Seite mit schwarz-rot-gold angebracht und standen lachend mit jubelnden Fans an den Straßenrändern.
Jack konnte sich nicht erinnern, wann es ihm zum letzten mal so gut gegangen war. Erst als er am nächsten Morgen im Zug nach Münster saß, konnte er an Schlaf denken und hätte fast verpasst, rechtzeitig auszusteigen.


24 - 5.neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: aloevera Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 01.07.2006 16:30:36 geändert: 01.07.2006 16:47:00


Jack schleppte sich die Treppen zur Wohnung in der dritten Etage empor. Er hatte noch Zeit genug, um sich eine Stunde aufs Ohr zu hauen, zu duschen und dann halbwegs fit zur Arbeit zu gehen. "Ich dachte schon, ich müsste hier Wurzeln schlagen" donnerte ihm eine wohl vertraute Stimme entgegen. Und dann der Nachschlag "Wie siehst du denn aus? Ist denn schon Fasching?" Er hatte mit allem gerechnet, nur nicht damit, dass Hildegunde mit burgunderrotem Hosenanzug und einer Reisetasche, die nichts Gutes verhieß, auf den Treppenstufen saß und auf ihn wartete. "Hallo Mutter" stieß er hervor, "Ich komme gerade aus Berlin. Außer dir gibt es noch etwas wichtiges auf dieser Welt, die Fußballweltmeisterschaft. Warum hast du nicht angerufen?" "Das habe ich zwei Tage lang versucht. Ich habe mehrfach mit eurem Anrufbeantworter korrespondiert. Und dein Handy war offenbar ausgeschaltet. Marion war offensichtlich auch seit Tagen nicht zu hause. Wie also hätte ich meinen Besuch noch ankündigen sollen? Per Buschtrommel, Flaschenpost oder Brieftaube?" Sein Handy, klar, das lag in der Wohnung, mit leerer Karte. Jack bat seine Mutter in die Wohnung, die sie augenscheinlich sofort nach Marion absuchte - vergebens. Jack schaute in den Spiegel. Die Farben waren in seinem Gesicht inzwischen völlig verlaufen, die Haare hingen strähnig herum und sein T-Shirt verbreitet den eindeutigen Geruch aus einer Mischung von Bier und Schweiß. Aber das unerwartete Erscheinen seiner Mutter konnte seiner euphorischen Stimmung nichts anhaben. Sie kannte die ausgeprägte Fußballleidenschaft ihres Sohnes seit frühester Kindheit und hatte irgendwann aufgehört, sie zu kommentieren.


24.6.neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: keinelehrerin Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 01.07.2006 21:14:08 geändert: 01.07.2006 21:25:47

Was sie allerdings nicht kommentarlos hinnahm, war die Verwahrlosung ihres Sohnes. Als er ihr anbot einen Kaffee zu kochen, musterte sie ihn von oben bis unten und wieder zurück. "Nein, lass mal," beschied sie ihm, "geh du lieber duschen. Das wär ein wahrer Akt der Nächstenliebe." Jack war dankbar für die Aufschiebung des unweigerlich folgenden unangenehmen Gespräches. Was sollte er seiner Mutter nur sagen? Geld gab es nur, wenn er eine intakte Familie vorweisen konnte. Und das konnte er nicht. "Hans-Rüdiger," scholl es unheilvoll von vor der Tür. "Hans-Rüdiger, warum kommt kein Wasser aus der Leitung?" Jack war schon in die Duschkabine geschlüpft und wollte vorgeben unter dem Wasserstrahl nichts zu hören. Nur leider kam auch hier kein Wasser aus der Brause. Ver..... An der Tür klopfte es nun energisch und dann kam seine Mutter herein. Nein, irgendwelche Hemmungen kannte Hildegunde hier nicht, schließlich hatte sie ihn ja vor gar nicht allzuviel Jahren noch frisch gemacht. "Hans-Rüdiger, habt ihr einen Rohrbruch im Haus? Oder hast du die Rechnung nicht bezahlt?" Ohoh, Jack glaubte eher an das zweitere. Seine Glückssträhne schien sich nun wieder ihrem Ende zuzuneigen. Ohne Erfolg drehte er noch ein- zwei-Mal an den Knöpfen, ohne Ergebnis. Mit einem Handtuch um die Hüften kam er aus der Kabine heraus. Das kleine Bad ließ Hildegunde mit ihren in die Hüften gestemmten Fäusten noch imposanter erscheinen. "Mutter," begann er. Aber Hildegunde stoppte ihn sofort mit einer Handbewegung. "Nein, ich will gar keine dummen Ausflüchte mehr hören. Junge, du sitzt ganz schön in der Tinte! Sieh mal zu, wie du da rauskommst. Ich erwarte dich in einer Stunde in dem kleinen Cafe am Strand, dort können wir dann Kaffee trinken. Ich lade dich auch ein." Und als sie schon den Griff in der Hand hatte, drehte sie sich nochmals um: "Und sieh zu, dass du dich vorher irgendwo duschst. Egal wo. Junge, was muss man sich für dich schämen."


24 - 7.neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: aloevera Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 01.07.2006 23:53:54 geändert: 02.07.2006 00:32:56

„Moooment“, rief Jack mit so lauter Stimme, dass Hildegunde noch einmal verwundert zurück blickte, bevor sie die Tür ins Schloss fallen ließ. „Wieso Moment?“ fragte sie ihren Sohn erstaunt. „Du schneist hier herein, wann immer es dir passt und verfügst über meine Zeit, so wie es dir passt. Du wirst deinen Kaffee wohl alleine trinken müssen, denn es gibt Leute, die Samstagabend arbeiten müssen“, konterte Jack, warf seiner Mutter den Hausschlüssel zu, verschwand im Badezimmer und schloss die Tür ab. Hildegunde nahm den Schlüssel und mit einem verwunderten „Ich denke, du hast mir morgen einiges zu erklären“ fiel die Tür ins Schloss. Was hatte das denn zu bedeuten, fragte sie sich verwundert. Bei ihrem letzten Besuch hatte sie sich aus dem Adressbuch einige Adressen herausgeschrieben, unter anderem die von Marions Freundin Sylvia. Ihr wollte sie jetzt einen Besuch abstatten, um heraus zu finden, was zwischen Marion und Jack eigentlich los war.

Jack fand im Badezimmer einige feuchte Reinigungstücher, mit denen er sein Gesicht halbwegs sauber bekam. Mit diversen Bemühungen gelang es ihm sogar, sein Haar wieder in eine akzeptable Form zu bekommen. Sein Vorrat an sauberer Wäsche neigte sich dem Ende entgegen, aber ein sauberes T-Shirt und eine uralte Jeans kamen noch zum Vorschein. In Windeseile zog er sich um, packte ein paar Utensilien für die Körperpflege ein und stürmte aus der Wohnung. Er hatte noch genug Zeit, um sich im Studio vor Dienstbeginn zu duschen.
Wahrscheinlich würden die Gäste heute den Plasmafernseher im Aufenthaltsraum vorziehen, als sich an den Geräten auszupowern, denn es standen noch zwei Viertelfinalspiele bevor, die einen spannenden Fußballabend versprachen.


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