Streit um "Unterrichtsgarantie plus" / Kritischen Rektoren droht der zeitweilige Wechsel ins Schulamt
Das hessische Kultusministerium will nach Informationen der Frankfurter Rundschau Schulleiter abstrafen, die kritisch zur "Unterrichtsgarantie plus" stehen. Sie sollen für drei bis sechs Monate an Staatliche Schulämter abgeordnet werden. Das Ministerium bestätigte die Informationen indirekt.
Frankfurt - Die Staatlichen Schulämter in Hessen sind angewiesen, dem Kultusministerium die Namen von Schulleitern zu nennen, die sich öffentlich besonders kritisch zur "Unterrichtsgarantie plus" geäußert haben. Auch Schulleiter, die nicht die geforderten Vertretungspools gegen Unterrichtsausfall einrichten, sollen bis Ende des Schuljahres gemeldet werden. Ihnen droht die zwangsweise Abordnung an eines der 15 Staatlichen Schulämter. Wie die Frankfurter Rundschau aus zuverlässiger Quelle erfuhr, sollen die Schulleiter dort drei bis sechs Monate bleiben. Nach Vertretungen für diesen Zeitraum wird bereits gesucht.
Ministerium betont Loyalitätspflicht
Ministeriumssprecher Christian Boergen bestätigte die Informationen am Freitag zum großen Teil indirekt. In dem Antwortschreiben auf die Anfrage der FR heißt es, "Loyalität gehört zu den Dienstpflichten der hessischen Schulleiterinnen und Schulleiter. Zeitweilige Abordnungen an Staatliche Schulämter sind kein unübliches Verfahren."
Wenn die "vorgesehenen Vertretungspools entgegen bindender politischer Vorgaben" nicht gebildet würden, habe das "zwingend Gespräche mit der verantwortlichen Schulleitung zur Folge". Vom Verlauf dieser Gespräche hänge das weitere Verfahren ab.
Im Zusammenhang mit der Einführung der "Unterrichtsgarantie plus" gab und gibt es an den Schulen große Unruhe. Zahlreiche Kollegien haben sich in offenen Briefen an Kultusministerin Karin Wolff (CDU) gewandt und kritisiert, mit der Unterrichtsgarantie werde der Lehrerberuf entwertet, weil unqualifiziertes Personal eingestellt und zudem außerhalb des Tarifs für Lehrkräfte bezahlt werde. Schulleiter und -leiterinnen beklagten einen hohen bürokratischen Aufwand bei der Verpflichtung von Vertretungspersonal - und die Schwierigkeiten, überhaupt geeignete Personen zu finden.
Die öffentlich gemachten Briefe der Lehrkräfte an Wolff sind teils in recht barschem Ton formuliert. Einzelne Kollegien sollen die offiziellen Informationsschreiben der Ministerin zur Unterrichtsgarantie an die Schulen sogar mit einer Banderole "Alles gelogen" versehen an das Ministerium zurückgeschickt haben.
Am Rande der nicht-öffentlichen Sitzung des Landesschulbeirats am vergangenen Dienstag hatte Wolff nach Aussagen von Teilnehmern gesagt, das Verhalten einiger Schulleiter im Zusammenhang mit der "Unterrichtsgarantie plus" sei "jenseits des Akzeptablen", eine "besondere Behandlung" möglicherweise erforderlich.
Einer dieser Teilnehmer, der grüne Schulexperte Mathias Wagner, hält das Vorgehen des Ministerium für einen "unglaublichen Vorgang". Wolff offenbare einen "unmöglichen Führungsstil", die Bedenken zur "Unterrichtsgarantie plus" seien absolut berechtigt. Die Ministerin solle, statt zu strafen, lieber auf die Kritik eingehen und das Konzept ändern. Um dieses durchzusetzen, hat die Landesregierung bereits die Mitspracherechte von Personalräten bei der Einstellung der Vertretungskräfte gegen den scharfen Protest der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) verringert.
Der GEW-Landesvorsitzende Jochen Nagel kündigte rechtliche Schritte gegen mögliche Abordnungen an. Die GEW werde das Verhalten der Ministerin nicht akzeptieren, sagte Nagel der FR. Zwangsweise Abordnungen von Schulleitern hätten auf die betroffenen Schulen katastrophale Auswirkungen und könnten keinesfalls hingenommen werden. Peter Hanack
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