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Forum: "Langeweile, Selbstzweifel und Überforderung im Wechsel"
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| Langeweile, Selbstzweifel und Überforderung im Wechsel | | von: frauke2
erstellt: 10.05.2017 09:20:36 |
Liebe Kollegen, muss ich mir mal meinen Frust von der Seele schreiben. Ich bin nun schon seit längerem Lehrerin, aber habe zunehmend mit großer Antriebslosigkeit/ Langeweile zu kämpfen - und mit Selbstzweifeln und mit Überforderung. Das wechselt sich in einer Tour ab ... Punkt Antriebslosigkeit/ Langeweile: Wenn ich z.B. noch einmal die Argumentation/ Debatte Soll der Gebrauch von Handys in der Schule erlaubt oder nicht erlaubt sein mit den Schülern durchkauen muss, sterbe ich vor Langeweile - die Schüler finden das tatsächlich immer noch interessant, aber die haben das ja nicht schon jahrlang immer wieder mit den verschiedensten Klassen durchgekaut. (Jaja, gibt auch andere Themen, aber kaum eines, was ich noch nicht gemacht habe und ich lasse sie ja wählen und sie interessieren sich immer für den gleichen Scheiß). Das ist ja auch nur ein Beispiel. Und die Korrekturen - schnaaaarch - 30 mal das gleiche lesen.Und dadurch, dass ich ja manches im Schuldienst schon so erlebt habe, ist das meiste nicht mehr neu - nicht die Probleme der Schüler,nicht die Probleme der Kollegen ... In manchen meiner Stunden könnte ich vor Langeweile einschlafen (wenn es nicht so laut wäre ;) ) Und damit sind wir bei Punkt Selbstzweifel: Also, als Anfängerin hatte ich sehr große Schwierigkeiten, was Disziplin angeht, aber das hat sich mittlerweile ein wenig gegeben, auch wenn ich bei der ein oder anderen Klasse immer noch mehr zu kämpfen habe als andere Lehrer. Jedenfalls ertappe mich immer noch bei den GLEICHEN Fehlern, die ich schon vor 10 Jahren gemacht habe. Ich weiß doch, wie es anders geht ... habe keinen Nerv mehr darauf, andauernd die gleichen Probleme zu beackern. Ja, sie lassen sich jetzt häufig schneller lösen und ich weiß inzwischen, dass ich durchaus eine Klasse führen kann, wenn ich die Energie dazu habe, aber siehe Punkt 1. Dann Punkt Überforderung: Da ich zwei Korrekturfächer habe und zwei alte Eltern, ein großes Haus etc., habe ich nicht einmal eine volle Stelle, Trotzdem fühle ich mich in manchen Stunden überfordert. (Ok, wenigsten habe ich dann keine Langeweile.) Da sind die Inklusionskinder, denen ich die Aufgabe eigentlich in Ruhe erklären müsste, aber dafür habe ich keine Zeit, denn da sind ja noch gleichzeitig die 4 anderen ADHs Kinder. Ein Schüler kann nicht lesen (5. Klasse Realschule) und dafür gibt es natürlich kein Inklusionsmaterial. Das muss ich mir dann selbst ausdenken und erstelle dann Arbeitsblätter zu Hause an denen ich 30min sitze, die aber oft für die Tonne sind, weil ich ihm die Aufgabe nicht erklären kann. Oft sitzen die armen Inklusionskinder freiwillig auf dem zugigen Flur, weil der eine dem anderen dann die Aufgaben laut vorlesen und erklären kann und wenn ich mich ihnen widme, läuft der Rest der Klasse oft aus dem Ruder. Und dann die syrischen Flüchtlinge, die auch mit im Unterricht sitzen und für die ich auch noch einmal eine komplette Unterrichtsstunde planen und durchführen muss. Also jede Stunde muss dreifach geplant werden: Für die "normalen", die Förderschüler und die Flüchtlinge! Wie man das mit einer ganzen Stelle schaffen kann ist mir absolut schleierhaft. Wir haben übrigens eine tolle Schulleitung und die Schüler sind im Großen und Ganzen super - auch die Klassengrößen sind traumhaft (22!) Daran liegt es nicht. Geht es nur mir so oder kennt ihr das auch? Was tut ihr gegen Antriebslosigkeit und Langeweile? Wie geht ihr damit um, dass man Dinge tun muss, für die man null Ausbildung hat und keine Unterstützung (Inklusion/ Deutsch als Fremdsprache)? LG Frauke |
| Langeweile oder Überlastung? | | von: palim
erstellt: 10.05.2017 19:45:14 |
Langeweile kann ich nicht feststellen, bisher begeistert mich so ziemlich jedes Thema immer wieder neu, wenn ich es mit SuS beginne. Allerdings habe ich jüngere SuS und eine erheblich größere Fachauswahl. Zur Überforderung: Ich finde, es ist eher eine Überlastung, da die Menge zu viel ist. Ansonsten ist es eine Herausforderung. Auch ich plane Stunden doppelt, dreifach, vielfach. Das war vor Jahren noch anders und braucht sehr viel Zeit. Stimmt. Andererseits findet man ja gerade bei 4teachers gute Materialien z.B. für den Bereich DaZ und da du sowohl Deutsch als auch Englisch (Fremdsprachen-Didaktik) studiert hast, bringst du eine Menge Vorbildung mit. Für die Aufgaben hinsichtlich der Inklusion braucht es Fachberatung, Austausch, Ideen. Wenn du das in deinem schulischen Umfeld nicht findest und auch niemanden an benachbarten Schulen kennst und die FöS-Kräfte dir nichts raten können, kannst du mit konkreten Anfragen bei 4teachers in den Foren versuchen, Ratschläge zu erhalten. Sicherlich könnten einige hier Tipps hinsichtlich DaZ oder Leseförderung geben. Die Frage bleibt, ob du dich damit auseinandersetzen möchtest oder ob es dir zu viel ist. Palim |
| Da kommt mir einiges bekannt vor! | | von: rfalio
erstellt: 10.05.2017 20:11:17 |
Langeweile: Nach 30 Jahren dasselbe Thema im Religionsunterricht kann das schon mal vorkommen. Gehen wir halt mal anders ran, z.B. zum Thema Tod mit Bildern von Hieronymus Bosch. Ich halte geschätzt mindestens 35 % meiner stunden jedes Jahr anders, nicht weil sie schlecht sind, sondern um eben Langeweile zu vermeiden. Ab und an ist die Langeweile sogar praktisch, nämlich dann, wenn ich schnell eine Stunde brauche und einfach in die Tasche greife... Bei den Korrekturen helfe ich mir, indem ich vermehrt mündliche Leistungen einfordere und die schriftlichen an der unteren Grenze halte, z.B. Informationen aus einem Text ziehen und kurz mündlich darstellen... Wie palim schon erwähnte, such dir hier mal gezielt eine Aufgabensammlung in verschiedenen Differenzierungsstufen zusammen Die Disziplin ist natürlich immer ein Thema: Unterricht, der die Schüler fesselt, wäre die beste Methode, ist aber zu selten möglich (der Lerhrplan ist leider häufig ein Leerplan). Meditative Elemente sind manchmal auch ganz nützlich, geht aber auch nicht immer (v.a. bei Hyperaktiven). Aber halt immer wieder probieren... Für mich klingt so durch, dass dir eigentlich mit die größten Probleme die Zusammensetzung deiner Schüler verursacht. Eine (zumindest zeitweise) Unterstützung täte dir m.E. gut. Frag doch mal bei der Schulleitung. Ev. Teamteaching mit Parallelklasse, Hospitationen von Kollegen (oder Studenten)... Ideal wäre natürlich z.B. für die Flüchtlinge eine extra Betreuung. Ansonsten versuche die Schule mal in der Schule zu lassen, betätige dich sportlich, schreib ein Buch über deine Erlebnisse (musst es ja nicht veröffentlichen, hilft aber ungemein). Alles Gute rfalio |
| Dankeschön! | | von: frauke2
erstellt: 10.05.2017 20:32:20 |
Hallo, Danke für eure Beiträge, ja natürlich hole ich mir jede Menge Anregungen aus dem Internet und so - es mangelt mir auch wahrhaftig nicht an Ideen, da versorge ich oft meine Kollegen noch mit. Außerdem habe ich die letzten zwei Jahre an einer Förderschule unterrichtet und darum schon mehr Erfahrung mit diesen Kindern als meine Kollegen. Toll war dort auch, dass ich viele verschiedene Fächer unterrichten musste. Da wurde mir wirklich nicht langweilig. Ich habe auch noch nie ein Thema genauso durchgeführt, wie ich es vorher gemacht habe. Auch in Englisch verlasse ich das Lehrbuch wann immer es nur geht. Allerdings soll das in Zukunft darauf hinauslaufen, da wir alles möglichst vergleichbar machen sollen :( das soll Arbeit sparen, da alles schon vorgeplant ist und außerdem dient es der Qualitätskontrolle - kann ja nicht jeder machen wo er Lust drauf hat, es soll ja hinterher bei jedem Schüler das gleiche raus kommen. Sport ist ein guter Tipp. Unterricht mit Parallelklassen wird sich wohl schlecht einrichten lassen. Einfach vom Stundenplan und der Raumsituation her, kann ich mir nicht vorstellen, wie das bei uns umsetzbar wäre. Die Flüchtlinge MÜSSEN wir mit im Unterricht haben - sagt die Bezirksregierung. GoIn nennt sich das. Für die Förderkinder sollten wir eigentlich zwei Sonderpädagogen haben. Aber selbst wenn wir die hätten (unser Schulleiter sucht und sucht und fordert schon seit langem), dann ist das ja trotzdem nicht genug. Die können ja nicht gleichzeitig in allen Klassen sein. Auch wenn die liebe Frau Löhrmann sagt, dass wir da gar kein Problem haben und die Inklusion super läuft. Ich merke beim Lesen eurer Beiträge, dass es mir weniger um Tipps geht - als darum zu hören, ob es anderen auch so geht. Das alleine spendet mir schon genug Trost :) |
| schaffst du ! | | von: bjarni14
erstellt: 14.05.2018 16:07:55 geändert: 28.06.2018 13:51:31 |
Hallo Frauke, Es ist ja mittlerweile schon ein Jahr vergangen und ich hoffe sehr, dass du mittlerweile eine Lösung für dich gefunden hast, das so gut wie möglich in den Griff zu kriegen! Jeder hat seine schwachen Phasen, in denen einfach alles zu viel wird. Du bist nicht alleine. Jeder kommt mal an einen Punkt, an dem es einfach nicht mehr geht. Wichtig ist es, diesen zu überwinden, darüber zu reden und nicht alles in sich hineinzufressen =) Bitte versuch einen Burnout oder Schlimmeres zu vermeiden, in dem du dir professionelle Hilfe holst, wenn du merkst, dass du es alleine nicht mehr auf die Reihe kriegst. Es gibt genug Möglichkeiten sich abzusichern, etwa durch eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Inzwischen sind ja psychische Belastungen der Hauptgrund fürs Ausscheiden aus dem Beruf. Sicher dich von allen Seiten ab so gut es geht :) LG |
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