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Forum: "Ist es noch möglich, Disziplinschwierigkeiten nach Fehlstart abzubiegen? "
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 | Ist es noch möglich, Disziplinschwierigkeiten nach Fehlstart abzubiegen? |  | von: reliente

erstellt: 30.10.2008 18:36:25 |
Eigentlich war ich der Meinung, dass ich es noch irgendwie bis zum Schulhalbjahr schaffe, meine 8. Klasse in Ethik in Schach zu halten, aber ich bin kurz davor zu kapitulieren.
Aber hier erst mal eine Beschreibung der Situation:
Im Sommer habe ich an dieser Schule (Hauptschule) angefangen. Ich habe 16 Schüler in einer Ethikgruppe aus insgesamt 3 verschiedenen 8. Klassen. Leider ist das eine Anhäufung der größten Problemfälle aus allen Klassen...
Leider habe ich es am Anfang doch versäumt, der Gruppe zu zeigen, wer der Chef ist und vieles durchgehen lassen. (teilweise auch mit dem Gedanken und der Hilflosigkeit: Wie sanktioniert man "erziehungsresistente" Schüler, denen sowieso alles egal ist??)
Egal welches Thema ich vorgeschlagen oder gemacht habe( auch wenn es von den Schülern ausgesucht war): Langweilig! Öde! Und so benehmen sie sich auch!
Es interessiert sie nicht, dass ich vorne rede; habe ich die eine Seite still, fängt das Gespräch garantiert auf der anderen Seite an... Selbst wenn ich vor den entsprechenden Schülern stehe, brüllen sie an mir vorbei über drei Tische hinweg.
Ich habe den Versuch mit Arbeitsblättern gemacht, die sie ausfüllen mussten und benotet wurden.
Beim Arbeitsauftrag wird nicht zugehört und dann wird herumgeschrieen, dass sie nichts vom Thema wissen.
Ich habe mit den Klassenlehrern gesprochen, die haben ihre Schüler ermahnt, mit dem Erfolg, dass es erst richtig lustig wurde
Gestern motzte mich eine Schülerin auf dem Flur an, dass alle Schüler Ärger bekommen würden, weil sie in meinem Unterricht angeblich nichts tun. Sie würde nie wieder mit mir reden! Ich sollte doch gefälligst erst mal richtigen Unterricht machen!!
Als ich danach das Gespräch mit ihr suchte (so was lasse ich mir dann doch nicht sagen) wich sie mir total aus, als ich fragte, was bin ihren Augen denn "guter Unterricht" sei. Ich sei doch die Lehrerin, das müsste ich ja wohl wissen.... Ich habe dann aufgegeben, noch weiter mit ihr zu reden.
Aber ich merke, dass sich in der Klasse die Fronten verhärten und ich überhaupt keinen Fuß mehr auf den Boden bekomme. Ich habe mittlerweile das Gefühl (oder wahrscheinlich ist es auch so), dass sie mich überhaupt nicht mehr Ernst nehmen.
In der Gruppe gibt es immerhin vier Schüler, die mitarbeiten, allerdings gehen sie immer mit dem Arbeitsauftrag nach draußen und arbeiten in Ruhe. (Ehrlich gesagt, am liebsten würde ich mit ihnen raus gehen...!)
Gibt es noch eine Möglichkeit, dass ich das Ruder noch herumreißen kann? Oder komme ich in dieser Gruppe auf keinen grünen Zweig mehr? Ich weiß wirklich nicht mehr, was ich machen soll. Ich weiß aber auch nicht wirklich, wie ich es anstellen soll, dass noch eine Änderung in der Situation eintritt.
Mit der Klasse reden und schildern, was ich will und erwarte, hat nicht funktioniert. Für mich sind diese zwei Stunden die schlimmsten in der ganzen Woche. In alle anderen Klassen gehe ich wirklich gern.
Schon wenn ich vorbereite vergeht mir die Lust, weil ich ahne, dass keiner mitmacht und selbst spannende Themen nur auf Ablehnung stoßen. Da macht es mir auch keinen Spaß mehr.
Vielleicht hat die Schülerin ja recht: Ich kann keinen „richtigen“ Unterricht machen! Aber weniger, weil ich es nicht kann, sondern weil mir keiner zuhört….. ! Das ist schon frustrierend!
Über Ratschläge würde ich mich sehr freuen. Einige von euch lesen immer viel zwischen den Zeilen, das finde ich total hilfreich.
Danke und viele Grüße,
reli-ente
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 | Schwierige Siuation |  | von: lesendegazelle

erstellt: 30.10.2008 19:50:19 geändert: 30.10.2008 19:51:24 |
Hallo Reli-Ente!
Erst mal tief durchatmen! Dir macht das Unterrichten Spaß und du kommst mit den anderen Klassen gut zurecht --> Wie kommst du darauf, dass du keinen guten Unterricht machen würdest??? Das lass dir auf keinen Fall einreden, weder von einer Schülerin noch von dir Hör nicht auf das Teufelchen , sondern glaub an dich!!!
Hat außer dir noch jemand Probleme mit dieser Klasse bzw. mit dieser Schülergruppe? Mein erster Vorschlag wäre nämlich, eine Klassenkonferenz einzuberufen. Gemeinsam mit deinen Kollegen kannst du dann für die schwierige Klassenhälfte überlegen, welche Veränderungen sinnvoll sind und inwiefern Sanktionen helfen.
Spontan fallen mir weitere mögliche Tipps (??) ein:
- Beginne einen Neustart. Geh in die Klasse und halte deine "erste" Unterrichtsstunde. Mit Kennenlernspiel, was stellen die Schüler sich unter Ethikunterricht vor, welche Themen werden in dieser Jahrgangsstufe behandelt, was erwartest du,...
- Erstelle dir einen Regelkatalog. Was passiert, wenn ein Schüler dies oder jenes macht und sei konsequent (Bsp: Vergesse HA oder Arbeitsmaterial --> ein Strich, bei drei Strich folgt Nacharbeit).
- In den Wochen nach der Ferien den Unterricht so spannend und interessant gestalten, dass die Schüler davon gefesselt sind (Medieneinsatz,...).
- Überlege dir, ob du die Klasse mit einem Schulausflug ködern könntest.
- Sprech mit den Eltern!
- Vermeide Sanktionen mithilfe von Noten - damit demonstrierst du deine Macht und die Schüler fühlen sich hilflos ausgeliefert.
- Such dir eine Möglichkeit, deine "Angst" vor dieser Klasse zu verlieren (z.B. kurze Meditationsübung, Joggen, ein Mantra) - die Kids spüren deine Angst und fühlen sich dadurch überlegen.
Vielleicht ist ein Gedanke dabei, der dir weiterhilft oder der dazu führt, dass du für dich eine Lösung findest Ich hoffe doch! Denn wir Lehrer sollten uns von einer einzigen Schulklasse nicht die Laune und unser Engagement verderben lassen!
Kopf hoch! |
 | Tröste dich, |  | von: bger

erstellt: 30.10.2008 20:39:41 |
solche Gruppen gibt es an vielen Schulen. Und viele gestandene, ansonsten respektierte Kollegen verzweifeln an ihnen! Man muss ausprobieren, was da hilft.
Vermutlich werden bei euch im Ethik-Unterricht die zusammengewürfelt, die nicht am Reli-Unterricht teilnehmen bzw. sich abgemeldet haben. Häufig hat man dann eine brisante Mischung von Null-Bock-Typen, die sich von Reli abgemeldet haben, türkischen "Kronprinzen", die Frauen nicht akzeptieren usw. Wenn dann viele Leute darunter sind, denen (und deren Eltern) der Begriff "Ethik" sowieso nichts sagt - und die das als eine Art "Aufbewahrstunde" sehen - kann da natürlich keine Motivation sein.
Mitunter kann ein Methodenwechsel etwas ausmachen.
Wie sieht es denn mit Freiarbeit aus? Arbeitsblätter , Arbeitshefte oder ein Buch, z. B. eine passende Lektüre, selbständig durcharbeiten lassen, wobei die SuS Aufgaben auswählen können. Die Arbeitsergebnisse kommen in eine Mappe, die die Grundlage der Zensur bildet. Man könnte dann differenzieren, indem man die Nicht-Störer Partner- oder Gruppenarbeit, die anderen aber Einzelarbeit machen lässt. Was innerhalb eines bestimmten Zeitraumes nicht bewältigt worden ist, wird mit "6" benotet. |
 | Meine Tipps: |  | von: indidi

erstellt: 30.10.2008 22:32:27 |
Zu Ethik kann ich nichts sagen.
aber zum Thema schwierige Klassen/Gruppen.
Erstmal,
lass dich nicht provozieren.
Sprüche von wegen "Wegen Ihnen haben wir nur Ärger" "Sie machen keinen ordentlicher Unterricht" etc. dienen nur diesem einem Zweck.
Sie wollen die Grenzen ausloten: Wie weit können wir gehen? Wann endlich sagt sie "Halt stopp, das lass ich mir nicht bieten."
Da musst du sicher mehrgleisig fahren.
Einerseits ganz wenige klare Regeln (was ist dir am Wichtigsten).
Überlege dir zu Hause welche Regeln du willst.
Ich würde sie in deinem Fall einfach aufstellen – ohne Mitsprache der Schüler.
Was passiert, wenn sie die Regeln nicht einhalten?
z.B. Merktext schreiben – Nacharbeit – Mitteilung ...)
(Mach das transparent – So kann dir später keiner den Vorwurf machen er hätte das nicht gewusst – bzw. wenn sie mosern kannst du immer noch kontern: "Du kennst ja die Regeln und die Folgen")
Ganz wichtig!!
Was machst du, wenn sie die den Merktext nicht rechtzeitig abliefern, wenn sie zur Nacharbeit nicht erscheinen.
Hör dich um,
was sich in den Klassen für Maßnahmen bewährt haben.
Was machen die Kollegen, wenn es bei manchen Schülern so gar nicht klappt.
Zum Unterricht:
Folie am Overhead besprechen und mit den Willigen ausfüllen.
Dann schreiben alle das Ergebnis ab.
Beschwerden wie "Ich kann das nicht" können da nicht kommen.
Wer fertig ist, kann sich vom "Lerntisch" was nehmen.
Einfache Sachen anbieten: Ausmalblatt (machen auch die Großen oft noch gerne), einfache Suchrätsel, Zuordnungen Wort-Bild und natürlich auch anspruchsvollere Sachen für die "Eifrigen".
Ich habe gerade bei schwierigen Schülern die Erfahrung gemacht, dass sie einfach beschäftigt werden wollen.
Das ewige Reden bringt nichts.
Kurze Pausen und Leerläufe fordern nur zum "rumalbern etc". auf
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 | Aber... |  | von: reliente

erstellt: 31.10.2008 20:34:45 |
jetzt will ich da mal genau nachfragen:
in der "Theorie" finde ich, klingt das für mich klasse.
So nun kommt "meine" Praxis:
Ich stehe vor der Klasse und warte, dass es leise wird. Unternehme einen Versuch mit dem Sprechen zu beginnen. Kurze Halbstille - und ich kann guten Morgen sagen und vielleicht noch, was ich heute vorhabe. ENDE!
Die Unterhaltungen gehen weiter..... (thema war wohl nicht interessant genug)
Ich gebe einen Arbeitsauftrag - mittlerweile nur noch schriftlich an der Tafel, sonst haben es nur 5 gehört.
So: Nun fangen Fünf an zu arbeiten, der Rest quatscht, schaut aus dem Fenster, kramt in der Schultasche, weniger um Sachen rauszuholen, eher um vom Brot abzubeißen.
Ich gehe von Tisch zu Tisch um darauf hinzuweisen, dass es einen Arbeitsauftrag gibt. Etwa nach 10 Minuten Chaos hat fast jeder immerhin einen Stift in der Hand. Aber noch lange nichts auf dem Blatt oder im Heft.
Glaubt ihr wirklich, dass das Arbeitsverhalten und die Motivation der Schüler mit einer Freiarbeit anders wird? |
 | ich hatte mal |  | von: frauschnabel

erstellt: 31.10.2008 21:05:04 |
eine recht schwierige 8.Klasse !
Dort warf ich schon nach wenigen Stunden meine pdagogischen Vorstellungen vom Lehrerdasein und von Unterricht komplett über Bord, weil ich auch kaum noch einen Fuß auf den Boden bekam.
Am Schluss gab es mehrere Kleingkeiten, die ich geändert habe und ich habe das Schuljahr dann noch recht gut überstanden! Ich habe auf OHP meine Vorstellungen von (Mathe-) Unterricht präsentiert, ganz schlicht und verständlich. (Ich hab nach kurzer zeit gar nicht mehr an der Tafel gearbeitet, so musste ich den Kids niemals den Rücken zuwenden.)
Des weiteren habe ich jede Unterrichtsstunde, kurz auf OHP festgehalten um den SuS vor dem Beginn der Stunde zu zeigen was alles dran kommt und was wir schaffen wollen. Wichtig hierbei, immer den lesen lassen, der am lautesten, am nervigesten ist oder wer der "Drahtzieher" ist, somit ist der schon mal "raus"! Weiterhin wichtig, Anfang und Ende immer gleich z.B. (so bei mir: Kopfrechnen 5 min am Anfang und am Ende gemeinsam alles einpacken und die Bücher für die nächsten Stunde rausholen) Immer Schema F!
Das ging bei mir ganz gut. Zur ganz großen Not hilft es manchmal schon einen aus der Gruppe raus zu haben, das entzerrt oft schon sehr, den habe ich nach Absprache schon vor Beginn zu einem Kollegen umgeschichtet. So ca 3-4 Mal, dann ging das wieder ganz gut!
Alles Gute, beim Finden einer Lösung, die dir am nähesten zum Umsetzen kommt!
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 | Beim Lesen |  | von: janne60

erstellt: 31.10.2008 21:27:03 |
deiner Schilderung, Reliente, fing ich an zu denken, dass meine Geduld nun reichlich überstrapaziert wäre. Da ich eigentlich der Meinung bin, wenn sich jemand ärgert, dann sollten das die Schüler sein, die versucht haben MICH zu ärgern, würde ich mal folgendes probieren:
Reinkommen und anschreiben (Tafel oder OHP):
Ihr habt euch entschieden, meinen Unterricht nicht mitzumachen. Ab heute gilt
- Nimm dir ein Arbeitsblatt (zuvor auslegen)
- Bearbeite es vollständig
- Gib es mir anschließend ab
- Das AB wird benotet
- Nichtabgabe = 6
- dreimal Note 6 = Elternmitteilung
.......oder was weiß ich für Drohungen
Reden würde ich überhaupt nicht mehr. Ich würde einfach jede Stunde so durchführen, bis sie fragen würden, ob man es vielleicht doch mal mit dem Unterricht von vorher versuchen könnte. (Und wenn die Frage nicht kommt, dann auch gut, aber ich würde mir einfach nicht mehr meine wohldurchdachte Planung zertrampeln lassen)
Sei versichert, ich bin kein "harter Hund", im Gegenteil, aber manchmal führt ein "Bruch" im Verhalten zu ungeahnten Erfolgen.
War jetzt so ne Idee, bin für diese Altersstufe nicht wirklich kompetent. Mir liegen die Grundschüler mehr.
Trotzdem
Kopf hoch, wenn der Hals auch dreckig ist
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