... wählt zwar drastische Worte, aber inhaltlich stimme ich ihm teilweise zu.
Die Amerikanisierung unserer Kultur ist ein schleichender, aber meiner Meinung nach langfristig verderblicher Prozess. Wenn man damit aufgewachsen ist und es nicht anders kennt, macht man sich darüber womöglich kaum Gedanken.
Als ich vor etwa 20 Jahren in den westlichen Teil Deutschlands übersiedelte, glaubte ich oft,
nicht richtig zu hören. Da wurden zwischen sorry und hi events gecancelt und das Surfequipment herausgeholt, im Kaufhaus gab es sportswear für boys und girls und so weiter und so weiter.
Als Heranwachsende hatten wir auch einmal eine Phase, wo wir uns mit amerikanischen Namen schmückten und irgendwelche Cowboy-Marotten nachäfften. Als pubertäre Verirrung würde ich das ja noch durchgehen lassen, hier muss ich jedoch miterleben, wie pseudo-amerikanisches
Gekauderwelsche selbst unter gebildeten Landsleuten offenbar als schick?, modern?,international? oder sonst irgendwie attraktiv gilt.
Aus irgendeinem Grunde scheinen wir unsere eigene Kultur zu verachten und haben völlig verlernt, mit unserer Sprache phantasievoll umzugehen.
In meinem Unternehmen muss ich die Amerikanisierung Tag für Tag miterleben. Wird ein neues Projekt gestartet, so wählt man als Sprache für die Dokumentation irgendeinem unergründlichen, für mich unheimlichen Herdentrieb folgend instinktiv Englisch, auch wenn kein einziger Ausländer
daran beteiligt ist. Im Laufe des Projektes wird das Ganze dann fleißig mit Deutsch vermischt und am Ende kommt ein niveauloses Sprachgepansche heraus, für das man sich nur schämen kann. Das Betriebssystem meines Rechners ist selbstverständlich auf Englisch. Begründung: Die Lizenz ist
3€ billiger als die deusche Version. Dazu sage ich: Wer für 3€ seine Kultur in die Tonne tritt, der verkauft für 5€ seine Mutter.
Eine weitere Erfahrung, die mich in dieser Richtung sensibilisiert hat, waren meine langjährigen Aufenthalte in England und in den USA. Hier habe ich hautnah miterlebt, wie verderblich sich eine monokulturelle Prägung auf die Psyche eines Volkes auswirkt. Die Amerikaner können garnicht anders als zu glauben, dass ihre Kultur die einzig gültige und maßgeblich für den Rest der Welt ist, wenn sie nie gelernt haben, eine andere Sprache zu sprechen und andere Werte und Kulturen überhaupt wahrzunehmen. Und selbstverständlich kann man einem so großen dumpfen Volk dann auch vermitteln, dass es rechtens ist, die eigenen wie auch immer gearteten Interessen überall auf der Welt mit Waffengewalt durchzusetzen.
Das ist es, wovor mir für die Zukunft graut: dass auch wir hier in Europa nach und nach zu einer einzigen großen Nation von Amerikanern verkommen, die nur noch eine Kultur, eine Philosphie, eine Wahrheit kennen. Das passiert zwar nicht von heute auf morgen, aber der Anfang ist gemacht.
Erst der Euro, dann Bologna, heute Englisch als Pflichtfach ab Klasse 1 und morgen Deutsch optional ab Klasse 5.
Was den praktischen Nutzen der Sprache für die Verständigung angeht: Keiner meiner Kollegen hat
ernsthafte Schwierigkeiten, sich in seinem Arbeitsumfeld auf Englisch zu verständigen. Das lernt man relativ schnell, wenn man es braucht. Dazu braucht man kein Grundschulenglisch, und auch ich selbst habe es ja irgendwie hinbekommen (und unterrichte heute Englisch), obwohl damals Englisch nur als zweite Fremdsprache ab der siebten Klasse mit zwei Wochenstunden gelehrt wurde.
Gruß
ivok