Hallo an alle

Ich bin Nachhilfelehrerin (neben dem BWL-Studium) und habe momentan ein Mädchen in meinem Kurs, mit dem ich das Sprechen üben soll/muss. Dazu sollte auch gesagt werden: Das Mädchen hat Migrationshintergrund (bin mir nicht sicher, wie lange die Familie schon in D ist). Ursprünglich wurde sie für englisch bei uns eingetragen. Was aber wenig Sinn macht, denn wie rauskam, beherrscht sie diese Sprache gar nicht.

Soweit ich das bisher sagen kann, versteht sie mich einigermaßen, wenn ich ihr Arbeitsaufträge wie Schreiben und Rechnen gebe (letzeres kriegt sie sogar sehr gut hin, wenn die Aufgaben deutlich sind).

Derzeit habe ich angefangen, bei ihr mit verschiedenen Bilder-ABCs die ersten Wörter zu sprechen. Dann wollte ich noch ein paar Themen (Familie, Wohnung, Freunde,...) zusammenstellen, um wie im Englischen langsam einen Sprachgebrauch aufzubauen.

Was meint ihr? Ist meine Vorgehensweise eine gute? Hat hier vllt jemand noch andere Ideen?

LG

PS: Habe ja auch andere Kinder (ebenfalls mit Migrationshintergrund), die das Sprechen relativ gut hinkriegen, aber Rechtschreibung nicht so ihres ist. Denen empfehle ich durchaus, sich altersgerechte Hörbücher/Bücher aus der Bibliothek zu holen... Das ist mE für die kleine Maus noch zu früh.

Mir ist nicht klar, worum es genau geht.

Kann das Kind nicht "sprechen"?

Dann braucht es eine Therapie bei einer Logopädin oder einer Sprechtherapeutin. Als Laie sollte man das nicht übernehmen.

oder:

Kann das Kind kein Deutsch?

Dann braucht das Kind Hilfe dabei, Deutsch zu erlernen. Dazu kannst du dich im Bereich DaZ (Deutsch als Zweitsprache) informieren. In manchen Bundesländern gibt es dazu Curricula, in denen die wichtigen Themenfelder genannt sind, z.B. für Niedersachsen https://www.nibis.de/uploads/nlq-hempel/2016-09-09-cv-daz.pdf

Dabei muss man beachten, dass dieses für alle SchülerInnen gilt, man aber bei jüngeren SchülerInnen überlegen muss, welche Fähigkeiten wirklich leistbar sind und welche vorrangig zu erlernen sind.

Die nächste Frage, die sich stellt, ist, ob das Kind alphabetisiert ist und in welcher Sprache/Schrift. Darauf kann man aufbauen oder muss die Alphabetisierung zunächst grundlegend anlegen.

@palim Danke erstmal für deine Antwort. Den Link werde ich mir mal die Tage durchlesen. Vllt bringt mich das auf eine Idee

"Kann das Kind kein Deutsch?...

Die nächste Frage, die sich stellt, ist, ob das Kind alphabetisiert ist und in welcher Sprache/Schrift. Darauf kann man aufbauen oder muss die Alphabetisierung zunächst grundlegend anlegen."

Das Sprechen geht bei ihr. Aber die Kleine ist nun mal mit (mE) arabischer Muttersprache aufgewachsen.

Das (ab)schreiben auf Deutsch geht bei ihr gut, soweit ich das bisher beantworten kann. Und auch das vorlesen klappt, wie eine Kollegin getestet hat.

Ich denke einfach mal, dass ihr Wortschatz für das Deutsche nicht wirklich groß ist. Dass ich diesen Wortschatz deswegen erst einmal aufbauen muss. Erst dann kann ich mE mit Sätzen weiter machen. Mir kam schon der Gedanke, wie ich am besten testen kann, wo die Grenzen ihres Wortschatzes sind...

Es wäre schon gut zu wissen, welches die Herkunftssprache ist (oder sind, können auch mehrere sein). Das kann man ja erfragen. Häufig gibt es dann sich überschneidende Wörter/Begriffe, die man einbauen kann, manchmal auch gravierende Unterschiede, der Kenntnis einen sensibel für Fehler macht und den Hintergrund erlärt.

Die Antworten bleiben wenig differenziert. "Nicht sprechen" klingt für mich eher nach "stumm", vielleicht noch danach, dass man die neue Sprache noch nicht beherrscht, aber das bedeutet ja nicht, dass jemand "nicht sprechen" kann, er spricht einfach nur andere Sprachen.

Wenn das Lesen bereits möglich ist, ist da schon viel gewonnen.

Für das Erlernen des Wortschatzes kannst du hier nach Materialien unter DaZ-Wortschatz schauen

https://www.4teachers.de/?action=show&id=6271

Für den absoluten Anfang kann man Bildkarten nutzen, dies dann bald in Satzzusammenhänge bringen.

Ich arbeite auch gerne mit Wimmelbildern aus Büchern, es gibt aber auch welche im Netz, z.B.

https://www.sfz-wien.at/material/79-material/118-wimmel

Dazu kann man Wörter benennen, etwas benennen und auf dem Bild zeigen lassen, das Kind Rätsel stellen lassen, Verben erfragen, Sätze bilden, Anmaldiktate durchführen, Sätze zum Bild nennen und mitschreiben und nummerieren, in der nächsten Sitzung die Sätze lesen/vorlesen und Zahlen ins Bild schreiben lassen...

Wenn ich von einem Fach und seiner Didaktik/ Methodik keine Ahnung habe (ich meine das jetzt nicht negativ), dann halte ich mich gern an Lehrbücher. Da haben sich dann zumindest schon mal schlaue Leute Gedanken gemacht, welche Inhalte wie zusammengehören und wie man so einen Kurs aufbauen kann. Wild ins Grüne gestochert kann viel Zeit und Ressourcen vergeuden (das ist jedenfalls meine Erfahrung).

Mittlerweile gibt es auch einige Arbeitsmaterialien. Gut ist, dass ihr schaut, was das Kind schon kann und dort ansetzen wollt.

Schreibe doch mal bitte etwas genauer:

Was kann es schon?

Wir lernen mit den Kindern, denen das Lesen schwer fällt mit IntraAct. https://www.intraactplus.de/lesen-und-rechtschreiben-lernen/ Damit lernen die Kinder auch relativ gut schreiben. Vielleicht hilft aber auch gut beim Schreiben lernen die Fresch-Methode (Silben) http://www.fresch-renk.de/

Ein Buch einzusetzen, kann sinnvoll sein.

Dazu sollte man aber den Wissensstand einigermaßen einschätzen können. Aus den bisherigen Angaben ist überhaupt nicht ersichtlich, ob man eher ein DaZ-Lehrwerk - ein schwieriges oder ein leichtes, eines zum Alphabetisieren oder nicht, IntraAct (halte ich eher für Förderschüler für sinnvoll, da sonst sehr eintönig) oder leichteres Material zur grundlegenden Grammatik oder passend zum Leselehrgang/ Vorgehen der Schule einsetzen könnte.

Es ist sehr schwierig, einen Ratschlag zu geben, wenn die Anhaltspunkte so wenig differenziert sind.

Einerseits möchte ich gerne helfen, andererseits ist es hochgradig unprofessionell, irgendetwas zu empfehlen, wenn gar nicht klar ist, woran gearbeitet werden soll oder kann und wenn möglicherweise Grundlagen der Alphabetisierung unbekannt sind.

ist für Migrantenkinder nach meiner Erfahrung, die die deutsche Sprache kaum verstehen, auch geeignet. Es ist einfacher als z.B. der Fibeltext und die Kinder verstehen auch nicht den Fibeltext.  Inwiefern die Silbenfibel vom Mildenberger Verlag gleiche Funktionen erfüllt, damit habe ich keine Erfahrung. Hast du da Erfahrung?

Ich kenne natürlich auch die Kritikpunkte von IntraAct.

Wir haben zwar einzelne der Silbenfibeln an der Schule, aber ich finde sie nicht so gut, wie manche Lehrkräfte davon schwärmen. Zwar bin ich ein absoluter Verfechter der Silbe und baue viele Übungen dazu ein, würde aber weiterhin vom Laut als grundständigem Element ausgehen, aus denen dann die Silbe zusammengesetzt wird. Mir ist noch nicht klar, ob die SuS verstehen, wie eine Silbe gebildet ist, wenn sie immer gleich 2 Buchstaben lernen und diese mit dem Silben-Laut verknüpfen.

Das Lesen selbst übe ich nicht anhand der Fibeltexte, sondern habe differenzierte Leseblätter.

Die Texte in den Mildenberger-Werken sind zudem meiner Meinung nach realitätsfern und sehr schnell sehr schwierig.

Mit den Migrantinnen der letzten Jahre habe ich das MALIOPE-Material genutzt, dass ich hier eingestellt habe. Dabei gibt es immer Bilder zu den abgedruckten Wörtern, sodass die Bedeutung mit den neuen Wörtern verknüpft werden kann. Häufig kommen diese Kinder ja auch in Klasse 2/3/4 dazu, wenn man im Unterricht mit der Alphabetisierung weitestgehend oder vollständig fertig ist.

Da die DaZ-Stunden bei uns sehr häufig gestrichen werden, war ich zudem auf Material angewiesen, dass immer gleich aufgebaut ist und zu großen Teilen selbstständig bearbeitet werden kann. Mit IntraAct geht das nicht, man ist davon abhängig, dass jemand mit den Kindern gemeinsam üben kann.

Ab einem bestimmten Lesevermögen habe ich die MALIOPE-Aufgaben in Arbeitsplänen gekoppelt mit den DaZ-Heften von Jandorf und den "Willkommen in Deutsch"-Heften von Mildenberger, sodass in den AB und in den Heften gleichzeitig bestimmte Themenfelder bearbeitet werden - also "Farben und Zahlen" in allen Materialien, dann "Schule", "Nahrungsmittel", "Kleidung"...

Insgesamt sind es somit Module, die im eigenen Tempo bearbeitet werden können. Es ist recht unterschiedlich, wie lange es dauert, man kann aber auch springen, wenn Kinder hervorragend lernen, was nicht so häufig vorkommt. Es gibt auch MigrantInnen mit Lernschwierigkeiten und auch welche, die ein GE-Gutachten benötigen.

Weil die Buchstabenreihenfolge der MALIOPE-Sachen denen unserer Fibel ähnelt, ergänzen sich die Materialien, sodass man beides für Erstklässler einsetzen kann.

für den ausführlichen Bericht.

Ja es stimmt, für IntraAct braucht man immer eine 2. Person.