Kurzer Hintergrund für alle, für die die Thematik neu ist:

Ich denke, die meisten von uns möchten ein Gefühl dafür haben, wie die Corona-Krise sich aktuell entwickelt. Das funktioniert am objektivsten über eine unbelastete Kennziffer.

Die Fallzahlen, d.h. die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen, haben den Nachteil, dass sie momentan stark an der Meldeverzögerung leiden. Um den Sonntag herum gibt es eher wenige Meldungen, die später in der Woche wegen der Nachmeldungen stark ansteigen. Entsprechend wenige bzw. viele Infizierte weisen die Fallzahlen aus, unabhängig vom eigentlichen Infektionsgeschehen. Zusätzlich variiert die Zahl der Testungen wieder stark. In Kalenderwoche 20 gab es rund 433.000 Testungen, während es in der Folgewoche nur rund 346.000 waren. Auch dadurch variieren die Fallzahlen stark, ohne dass das etwas mit dem Infektionsgeschehen zu tun hat.

Eine relativ neu publizierte Kennziffer ist die Reproduktionsrate. Die veröffentlichte Reproduktionsrate hat aber nicht direkt etwas mit der definitionsgemäßen Reproduktionsrate zu tun, sondern entstammt einem Rechenverfahren. Das Robert-Koch-Institut gibt inzwichen 2 Rechenvarianten an, weil die 1. Variante zu Widersprüchen geführt hat mit einem Wert >1 trotz Verbesserung des Infektionsgeschehens. Diese Art der Berechnung wird dennoch weiter publiziert. Sowohl diese als auch die neueste Berechnungsart führt aber zum Widerspruch im März mit Werten unter und um 1 bei einem schlimmen Verlauf der Infektionen. Daneben sind diese Rechenverfahren wie die Fallzahlen abhängig von der Zahl der Testungen.

Eine geeignete Kennziffer ist die Zahl der positiv Getesteten unter 1000 gemeldeten Testungen. Diese Kennziffer kennt keine Abhängigkeit von der unterschiedlichen Meldeverzögerung, der unterschiedlichen Zahl an Testungen, und von der Frage, inwiefern bei berechneten Werte die zugrundeliegenden Überlegungen die Wirklichkeit mehr oder weniger gut abbilden.
Diese Kennziffer wird vom RKI als Wochenmittel für die einzelnen Kalenderwochen mitgeteilt.

Aktuelle Statistik der Zahl der Infizierten unter 1000 Testungen:

KW18: 39
KW19: 27
KW20: 17
KW21: 15
KW22: 10

Schaut man sich das für die einzelnen Bundesländer an, so ist diese poitive aktuelle Entwicklung überall vorhanden mit Ausnahme von Niedersachsen.

Persönlich hatte ich wegen KW21 die Befürchtung, dass die Verbesserung des Infektionsgeschehens zum Erliegen kommt, auch wenn wir bereits einen sehr guten Stand erreicht haben (nur noch 632 Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen - in ganz Deutschland). Die Verbesserung hält sich zum Glück dran, denn meine persönliche Befürchtung ist, dass, wenn Flugreisen wieder möglich sind, sich das Infektionsgeschehen deutlich verschlechtert. Je weniger aber das Virus noch aktiv ist, desto weniger wahrscheinlich ist es, dass meine Befürchtung wahr wird.

Also alles easy im Moment.