Unfassbares 1

An lokale Ausbrüche sind wir inzwischen gewöhnt. Da hätte ich erwartet, dass unsere Verantwortlichen ausgearbeitete Konzepte für die verschiedenen Szenarien in der Schublade haben . Auch wenn man nicht alles vorausdenken kann: der Situation, dass bei einem lokalen Ausbruch sehr viele Personen infiziert sein können, die 50-Infizierten-Grenze massiv überschritten wird, gebührt doch wohl besondere Beachtung. Bei einem solch starken Ausbruch muss man damit rechnen, dass die Infektionen nicht auf den unmittelbaren Ausbruchsort beschränkt bleiben. Da kann es doch nicht eine Woche dauern, bis ernsthafte Maßnahmen durchgeführt werden!

Ganz fürchterlich fand ich auch das Rumgeeiere bezüglich der Ausreisebeschränkungen für die betroffenen Landkreise. Es muss doch ein wichtiges Ziel sein, lokale Ausbrüche lokal zu halten, und da kommen wir ohne solche Beschränkungen wohl nicht aus, zumal jetzt die Hauptreisezeit ins Haus steht.

So nebenbei erfährt man, dass es bereits vor dem publizierten Ausbruch Infizierte gab bei Tonnies, deren Zahl auch anstieg. Wieso wurde nicht da bereits etwas unternommen?

Unfassbares 2

Ich mache gerade Urlaub auf Usedom, und es ist unglaublich, wie locker die Einheimischen hier mit dem Mund-Nasen-Schutz umgehen. Ein Beispiel (ich könnte das hier seitenlang ausführen): Meine Frau und ich besuchten eine Galerie. Dort wurde uns von der Besitzerin empfohlen/nahegelegt, die Masken abzusetzen. Kein Wunder, dass wir die einzigen Galeriebesucher waren mit Maske.

Und wie man liest, werden die Regeln vielerorts nicht mehr eingehalten. So etwas wie hier auf Usedom habe ich persönlich aber noch nicht erlebt.

Wenn das so weitergeht, dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir wieder eine unbefriegende Infektionssituation bekommen.

Solches Verhalten beobachten andere seit Wochen.

Da kann man noch so sachlich an irgendwelche Studien oder Zahlen gehen, das hilft offenbar nicht.

Und jede Aussage, dass doch alles gar nicht so schlimm sei, kann man dann eben auch als Bestätigung eines solchen Verhaltens auslegen.

Wenn es dann doch zu neuen Fällen kommt, ist es nicht verwunderlich, wenn die Ansteckungsrate gleich sehr hoch ist und viele Menschen davon betroffen sind, selbst wenn sie selbst sich stark zurückgehalten haben und die Regelungen sinnvoll und richtig finden.

'Solches Verhalten beobachten andere seit Wochen.'

Die Durchdringungsbreite macht den Unterschied. Hier ist es schon so, dass von den Einheimischen praktisch niemand den Mund-Nasen-Schutz korrekt durchführt. Den Unterschied sieht man am besten in unserem Selbstbedienungs-Fischrestaurant. Von den zahlreichen Angestellten dort macht es keiner richtig, die Touries in der Bestell-Schlange aber verhalten sich weitgehend korrekt.

'Wenn es dann doch zu neuen Fällen kommt, ist es nicht verwunderlich, wenn die Ansteckungsrate gleich sehr hoch ist' 

Vor dem Tönnies-Fall waren alle Ausbrüche von begrenztem Umfang und insofern in Einklang mit der zu erwartenden Infektionssituation (saisonales Virusverhalten, wobei das Virus nicht völlig verschwindet). Die Fallzahlen fielen ja auch stetig (im Wochenmiittel). Dass wir wie jetzt diesbezüglich um mehrere Wochen zurückgeworfen werden war auch irgendwann zu erwarten - irgendwann ist halt der Bodensatz des Infektionsrückgangs erreicht und es ist schön, dass dies auf sehr niedrigem Niveau der Fall ist. Dass das Zurückwerfen aber zum Teil durch unfassbares Behördenversagen, insbesondere des Herrn Laschet, zustandegekomnen ist, war hingegen nicht zu erwarten. Zum Glück verhindern jetzt andere Bundesländer das Schlimmste.

Übrigens: wie unsinnig die publizierte Ansteckungsrate ist, sieht man gerade jetzt wieder: innerhalb von zwei Tagen sank diese von über 2 auf 0,5x bei weiterhin hohen Fallzahlen. Das hat mit der echten Ansteckungsrate nichts zu tun und ist ganz offensichtlich idiotische Zahlenspielerei.

'Und jede Aussage, dass doch alles gar nicht so schlimm sei, kann man dann eben auch als Bestätigung eines solchen Verhaltens auslegen.'

Was aber Unfug wäre. Soweit das Fehlverhalten nicht durch reinen Egoismus oder Disziplinlosigkeit zustande kommt ist es die gefühlt nicht mehr vorhandene Bedrohung, die zu diesem Verhalten führt. So erklärt sich vermutlich auch das Verhalten hier in Meck-Pom, wo es nie eine ernsthafte Bedrohung gab. Womit ich das Verhalten nicht entschuldigen möchte.

Ich merke bei mir selber, dass ich mir immer wieder in Erinnerung rufen muss, warum es alle diese Einschränkungen gibt.
Ich halte mich zwar daran, so gut es geht, aber der Grund - die potentiell gefährliche Krankheit - ist mir nicht in jedem Moment bewusst.

Es gab wenig schreckliche Corona-Geschichten in Deutschland, und in den Nachrichten kommen inzwischen mehr Meldungen zu anderen Themen (sogar der Klimawandel wurde neulich erwähnt!). Der Alltag ist wieder fast normal; die Straßen und die Läden sind voll, an den Anblick der Masken hat man sich schon gewöhnt. Die Schule ist zwar nicht wieder wie früher, weil wir halbe Klassen unterrichten, aber dafür noch anstrengender und fordernder. 

Da vergesse ich leicht die Bedrohung durch Corona - und ich bin mir sicher, ähnlich geht es vielen. 

Das soll ebenfalls nichts entschuldigen. Aber diese Gefühlslage der Menschen sollte man berücksichtigen. 

Die verspäteten Beschränkungen rund um Tönnies finde ich auch unfassbar. Absolut unglaublich! Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie jemand, der dafür zuständig ist, so lange abwarten kann. 
Haben die betreffenden Personen wirklich gedacht, alles wird von allein wieder gut, wenn man bloß nicht hinschaut?

kommt nach den Sommerferien. Großveranstaltungen von mehreren hundert Personen in engen Räumen bei Außerkraftsetzung von Mindestabstand und Maskengebot.

Mir ist die Situation- vielleicht weil schon älteren Datums - permanent bewusst und damit fühle ich mich manchmal schon als "pingeliger" Außenseiter... 

... mit zunehmender Zeit alle Beschränkungen immer weiter zurücknehmen, da wir CoVid-19 sowieso akzeptieren müssen. Zum Impfen kann man niemanden zwingen, zur Quarantäne wird man sicher bald niemanden mehr zwingen - und symptomlose Infizierte wissen ja gar nicht, dass sie es haben und munter verbreiten -, und wie ich auch trotz Grippe einkaufen gehe, werde ich das irgendwann auch trotz CoVid-19 dürfen - zumal ich ja bei Erkältungssymptomen von einer Erkältung ausgehe und mich nicht augenblicklich auf Corona testen lasse.

In der derzeitgen Situation vermeide ich den Kontakt zu Fremden, gehe aber meinen Freunden und Verwandten nicht aus dem Weg. Freunde umarme ich im Allgemeinen noch nicht (Ausnahmen bestätigen die Regel), die Familie schon.

Und die Unangepsstheit einiger Querdenker... War das nicht das Ziel der 1968er-Generation?

Ich habe mich heute auch dabei erwischt, wie ich an der Kasse von Aldi nicht auf die Abstandsmarkierungen geachtet habe, und ich glaube nicht, dass das nur Gedankenlosigkeit war. Der Schlendrian färbt wohl schon ab.

Neben dem reinen Gefühl ist die Situation auch sachlich ganz schwer einzuschätzen. Das liegt an der Heterogenität des Geschehens. Einerseits spielen in den allermeisten Kreisen die Infektionen keine oder nur eine vernachlässigbare Rolle, auf der anderen Seite haben wir immer wieder Ausbrüche. Das gibt den Resonanzboden ab für eine breite Palette von Haltungen, von ängstlichen oder sogar schwarzmalenden Persönlichkeiten bis hin zu einer Haltung, die das Virusgeschehen für harmlos oder sogar gar nicht vorhanden ansieht.

Ich habe lange Zeit das Ausmaß des Geschehens durch eine Kennzahl repräsentiert gesehen. Das bildet das heterogene Geschehen aber nicht ab. Um eine persönliche gute Einschätzung zu bekommen, ist es wohl besser, den Status aller Kreise durch eine farbliche Darstellung in einer Landkarte zu sehen. Im täglichen Situationsbericht des RKI gibt es gleich am Anfang eine solche Karte. Zusätzlich sind für die 15 'schlimmsten' Kreise auch die numerischen Werte angegeben.

Bei uns gibt es nur noch Maskenpflicht in Öffis, Taxi + Apotheken + Spitälern.

Wenn man mit MNS in Raika marschiert schauen einem alle blöd an.

Abstand sollte gehalten werden - wird aber nicht.

Und die Corona-Zahlen steigen - dabei wird alles noch gelockert.

Nicht so super -würde ich sagen!

Tja, da sieht man, wohin uns der Öffnungswahn unserer lieben Politiker gebracht hat. Nachdem immer mehr gelockert wird, ist für viele Corona vorbei. Das habe ich übrigens auch von meinem Zweitklässlern gehört, nachdem wieder alle in einem Raum unterrichtet werden durften... Und da beginnt dann auch meine persönliche " innere Rebellion": Morgens darf ich 4 bis 5 Stunden ohne Maske mit 30 Personen auf engem Raum zubringen. Warum soll ich dann in unserem - im Vergleich dazu - " riesigen" Supermarkt für 20 Minuten einkaufen eine Maske aufsetzen, zumal ich dort ganz wunderbar Abstand halten kann und permanent eine Entlüftungsanlage läuft??

Gestern war ich in einem Lebensmittelladen einkaufen, der nahe einem Touristengebiet liegt. (Mache ich nicht wieder!)
Es war rappelvoll, was man aber bei diesem Laden erst sieht, wenn man drin ist.
Als ich in der Kassenschlange stand, musste ich mich von einem anderen Kunden anpflaumen lassen, weil ich ihn gebeten habe, sich nicht durch die Wartenden zu drängeln, sondern seinen Einkaufswagen außenherum an das Ende der Schlange zu fahren.
Schon wegen der Regale war es eng! Einen Corona-gemäßen Abstand zu halten war unmöglich.
Die umstehenden Kunden haben nur unbeteiligt geschaut.

Mir tun ja die Angestellten leid, die ständig mit solchen Situationen klarkommen müssen.

Aber verständlich ist die Ungeduld des Kunden natürlich; er ist ja hier im Urlaub. Da kann er doch keine Rücksicht auf andere nehmen.  

Andererseits hat es in der Schule meiner Tochter eine bestätigte Infektion bei einem Neuntklässler gegeben. Keiner aus der Klasse und auch keiner der Lehrer hat sich angesteckt, wie es scheint!
Daraus kann ich doch schließen, dass das Ansteckungsrisiko gar nicht unbedingt so groß ist, wie manche befürchten.

Vielleicht sollte ich versuchen, gelassener zu bleiben.