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Forum: "werden unsre kinder stumm...?"
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 | werden unsre kinder stumm...? |  | von: fairytale1

erstellt: 29.10.2005 11:19:35 |
weil ich mal wieder unter samstagsputz und sonstigem immerzu an die schule denke, setze ich mich mal eben hin und schrieb euch meine gedanken auf...mit der frage, wie ihr das seht bzw. wie es bei euch ist?!
...ich habe eine 4.gs klasse. letztens schrieben wir unsre erste deutscharbeit. die wochen, tage davor waren ein drama. meine kids, ansich eine ausgesprochen liebe und soziale klasse mit durchwegs wunderbaren leistungen mutierte tw. zu nervenbündeln. klar, ich verstehe bauchziehen und magengrummeln, lampenfieber und normale nervösität, aber so etwas habe ich noch nie erlebt. allmählich kam ich dahinter, dass es die eltern sind (vorwiegend die muttis), die terror machen, die noten vergleichen, leistungen erwarten, ja sich sogar mittlerweile selbst in den haaren liegen und vor der schule rumstreiten...das klima ist zum vergessen es geht nur noch darum, wer lauter einsen bekommt und damit ins gymnasium darf und wer *nur* in eine hauptschule kann usw.
dieser enorme druck, den wir lehrer wirklich tagtäglich mit lustbetontem und möglichst stressfreiem schulalltag verhindern wollen, kommt von den eltern!
es war schon so weit,dass einzelne kinder meinten, sie würden lieber unter der woche mit mir in einem schullandheim sein und nur am wochenende heimkommen, weil die mütter sie so fertig machen würden. eine meinte: ...sie macht mich so wahnsinnig, nie kann ich ihr was gut genug machen...und mehrere stimmten ihr zu
naja, die schularbeit wurde dann recht gut, einige meiner ansich fehlerfreien schreiber stürzten aber heftig ab. einer - er hatte,wie ich später drauf kam 14 aufsätze geübt!!! - hyperventilierte, gebärdete sich beinahe hysterisch...sein vater meinte tagsdrauf im gespräch nur, was solls,dann müsse er den druck eben aushalten..
ich kenn diese erwartungshaltung noch von mir daheim, weniger als sehr gut oder gut war indiskutabel und naja, meine mutter hat mir innerlich wohl noch nicht verziehen,dass ich jura abgebrochen habe aber spaß beiseite....wundern sich diese eltern echt, dass ihre kinder fertig sind???
nun hab ich den kids gesagt,sie dürfen nach dem unterricht die schularbeitshefte NICHT vor der schule auspacken und den mamis herzeigen, ich finde dieses ..guck mal,was hat die denn für eine note..und huch, wieso hast du bei diesen fehlern eine 3 und der eine 2 usw. für extrem und die damen stehen jeden tag lieb vor der schule und quatschen oft sogar ne stunde und machen sich wichtig! ich forderte die kids auf: lasst und mami und papi mal erziehen..(bin gespannt, wie die das auffassen) eine schülerin meinte: und wenns nicht klappt,schicken wir sie ins heim *g*.
ich selbst hab mit meinen schülereltern schon drüber gesprochen, auch gesagt,dass ich,wenn sie nicht bald aufhören so hysterisch zu werden, nicht mehr als das gesetzlich vorgeschriebene mit ihnen sprechen möchte, ich finde es bedauerlich, dass erwachsene so sein können und den kindern mit diesem stress so viel schlimmes antun! und dann wundern sie sich,dass ihre kinder nicht mehr über die schule sprechen wollen?? werden unsre kinder stumm??? nein...sie haben nur keine chance mehr, etwas zu sagen!
mir wärs lieber, wenn die zwerge aus der schule huschen, dass die eltern fragen: wie geht es dir? was hast du heute besonderes gemacht? was hast du neues dazu lernen können? ...und ihr interesse bekunden...als immer nur: und welche note hattest du? und wie waren die anderen? und hast du ausreichend geübt?...
entschuldigt diesen langen beitrag, ich musste mir das mal von der seele schreiben..vielleicht hat ja jemand lust mir zu sagen, wie das bei ihm ist...stumme eltern wären mir derzeit lieber..eure fairy*** |
 | Leistungsdruck |  | von: aloevera

erstellt: 29.10.2005 11:42:11 |
Als im letzten Schuljahr beschlossen wurde, dass unsere Gesamtschule schließt, weil die Schülerzahlen zurückgehen, haben wir alles mögliche auf die Beine gestellt, um den Schulstandort zu halten. Die benachbarte Grundschule boomte, so dass ein Verbinder zwischen Grund- und Gesamtschule gebaut wurde und die Grundschule unsere Räume mitbenutzen konnte.
Ein Hauptargument, das immer wieder von Seiten der Grundschuleltern und der Gemeinde als Schulträger kam war, dass die Gesamtschule nach der 10. Klasse endet und ihre Kinder dort kein Abitur machen könnten. Das sagten Eltern, deren Kinder gerade mal eingeschult waren, für die die Eltern bereits die Schulkarriere fest im Auge hatten. Dementsprechend saßen die Kinder schon, ohne es eigentlich zu wissen unter Leistungsdruck, den Erwartungen der Eltern gerecht zu werden. Manche Eltern gingen so weit, andere dahingehend zu beeinflussen, ihre Kinder bloß nicht bei uns einzuschulen, da es keine Oberstufe gibt und ihr Kind in einer Klasse, in der vielleicht viele nur den erweiterten Hauptschul- oder Realschulabschluss schaffen können, mit Sicherheit untergehen würde.
Nun läuft die Gesamtschule in diesem Schuljahr aus, wird Teil eines Grundschulzentrums und der Ort steht nun ohne eine weiterführende Schule ab Klasse 7 da.
aloevera |
 | jaja |  | von: jamjam

erstellt: 29.10.2005 14:03:24 |
das ganze geht sogar noch weiter. die eltern schüren ja dadurch den neid und konkurrenzdruck der kinder untereinander. das führt dann dazu das gute schüler zu aussenseitern werden, ihnen ein spleen angehangen wird, andere schüler ihren agressionsdruck an ihnen auslassen.
ich denke auch es geht nur über die schüler, die eltern zu erziehen.
aber die ursache ist leicht zu erklären. wenn die meisten eltern nur ein maximal zwei kinder haben, dann ist die "Chance" dass mindestens einem Kind ein "Vorzeigekind" wird wesentlich geringer als bei mehreren Kindern.
Klar möchte ich auch, dass meine Kinder zum Gymnasium kommen. Aber diesen Wunsch werde ich hoffentlich nicht auf die Kinder in dem Maße übertragen, dass ich sie unter Druck setze. Und wenn doch, wünsche ich mir eine ehrliche Lehrkraft, die mich auf meinen Fehler hinweist.
Und wenn das Kind kein Bock auf Gymnasium hat, dann soll es eben seinen eigenen Weg gehen. Bis dahin ist es alt genug selber für sich zu entscheiden - wenn es das vorher üben durfte, was, wenn ich mir meine älteren Schüler ansehe leider selten der Fall ist. |
 | Nach dem Schulwechsel |  | von: maria77

erstellt: 29.10.2005 14:40:57 |
ist die Enttäuschung der Eltern dann noch grösser, wenn ihre Kids die Klassenziele nur mit schlechten Noten erreichen. Dann fällt es wieder auf die Grundschullehrer zurück weil, SIE hatten ja das Gymnasium empfohlen. Ich bin nicht an einer Grundschule eingesetzt, aber ich kenne es von meinem Sohn. Da mussten ganz viele nach den ersten 2-3 Jahren wieder "zurückgestuft" werden, was für die Kinder ganz schlimm war.
Ich denke, Kids die wollen, können bei unserem heutigen Schulsystem auch mit Realschule (guter Abschluss), mit Freude am Lernen und einer gewaltigen Portion Selbstbewusstsein, ihren Weg machen und ihr Abitur, oder was auch immer nachholen ohne viele Jahre als Verlust abschreiben zu müssen.
Ich finde es auch ganz furchtbar, dass viele Kiddis die Lust am Lernen und die Erfolgsbestätigung durch gute Note nicht ausleben können, weil einfach der Druck und die Anforderungen der Eltern viel zu hoch ist. |
 | liebe ronda |  | von: fairytale1

erstellt: 29.10.2005 23:36:43 |
vielleicht hab ich mich etwas missverständlich ausgedrückt..zur erklärung:
a) ich arbeite nicht in deutschland und meine kinder kommen großteils aus offiziell sozial gutem hause, das klassenklima bei uns ist ausgesprochen gut (was ich beurteilen kann,weil ich schon mehrere klssen von der 1.-4. schulstufe durchgehend hatte und im vergleich sehe).
b) die kinder leiden z.teil wirklich, das mit den *eltern erziehen*..ergab sich in einem klassengespräch auf wunsch der kinder, natürlich war vordergründig, dass ich den kindern vermittelte, dass die eltern wohl nur aus liebe so handeln (was ich mir tw. denke, habe ich bewusst zurückgehalten)
c) ich habe sie allerdings vehement darum gebeten, vor dem schulhaus NICHT gleich ihre hefte auszupacken um soooo vielleicht der *massenschlacht* zu entgehen. was nützt es, wenn wir lehrer die kinder soweit haben, dass sich jedes als etwas besonderes sieht, jedes seine stärken und schwächen hat und so gut ist,wie es ist..als mensch und nicht als note, wenn die eltern dann wie die geier vor dem schultor nach den heften japsen..
das meinte ich in erster linie mit *erziehen*, weil die kinder und ich als team aktionen wie eben dieses hefte vergleichen als diffamierend für die kinder empfinden.
zudem sei erwähnt, dass in unserer klasse überraschenderweise unter den kindern null wettbewerbscharakter oder neid etc. herrschen. dennoch mach ich mir ernsthaft gedanken, weil ich sehe,dass die kinder (teilweise) leiden.
in gegenden, wo das wirtschaftliche problem noch dazu kommt, muss die situation sicher noch schlimmer sein. vielleicht bin ich einfach zu sehr idealist, als dass ich mich damit abfinden möchte, dass mit panikmache und stress agiert wird.
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