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Forum: "Zusammenlegung von Haupt- und Realschule"
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 | @rfalio |  | von: rhauda

erstellt: 20.11.2006 19:55:23 geändert: 20.11.2006 23:16:41 |
Ich kann deinen Gedankengang nachvollziehen, mein Argument bezog sich allerdings auf die kommunalen Finanzen.
Da geht es um Hausmeisterstellen, Verwaltungsangestellte/Schulsekretärin, die allgemeine Verwaltung im Schulamt, Erhaltung und Pflege der Außenanlagen und Gebäude, Stromkosten, Heizkosten, Winterdienst, Landkreisumlage, Ausstattung der Fachräume, Vorratshaltung, Einsparungen im Verwaltungshaushalt der Schule (zwei Schulen hatten vorher drei Kopierer, eine Schule wird mit 2 auskommen)etc., etc., etc.
Dort gibt es ein enormes Einsparpotential, dass - sinnvoll genutzt - viel Gutes bewirken könnte. Eventuell wäre dann auch mehr Geld für die Vorschulische Erziehung vorhanden, denn die ist ja auch kommunale Aufgabe.
Um das zu erreichen, gibt es auf kommunaler Ebene schon mehr Einflussmöglihckeiten der Bürger. |
 | @ rhauda @ elefant |  | von: rfalio

erstellt: 21.11.2006 05:51:52 |
Führt man letzteres ein, erübrigt sich hierzulande ein Umbau des gesamten Schulsystems (welcher ja im Interesse der Schwachen gefordert wird), denn dann ist es ziemlich gleich, wie eine Schulart heißt. Führt man die flächendeckende Gesamtschule ein, erspart ihr aber die Profilverpflichtung, dann gibt es keine intrasystemische Differenzierung, und die nächste bildungspolitische Katastrophe wird binnen weniger Jahre eintreten wie das Amen in der Kirche.
Zitat aus dem ersten Link von Elefant .
Nebenbei zeigt sich, dass die meisten Schulen in Finnland sehr kleine Einheiten sind, also sicher nicht die von rhauda angedachten Einsparungsmöglichkeiten nutzen können.
Ein Beispiel: In Passau gab es mal eine kleine Grundschule, ca 50 Schüler in 2 jahrgangskombinierten Klassen. Bildungspolitisch natürlich nicht gern gesehen. Allerdings war die Lehrerstundenausstattung der Schule ( auch durch geschicktes Umwidmen von Stunden durch den Schulleiter) so gut, dass pro Klasse etwa die Hälfte der Stunden differenziert werden konnte. Einer meiner Söhne ging dort zur Schule; es war ide beste Schule, die eines meiner drei Kinder besucht hat. Leider wurde sie wegrationalisiert ( auch auf Betreiben des Sachaufwandsträgers wegen Sachkostenersparnis).
Ich befürchte, dass bei Zusammenlegung die Politiker sich zurücklehnen werden und sagen: Wir haben doch Allles getan; ohne dann eben weitere Mittel zur Verfügung zu stellen für das, was wirklich wichtig ist ( Der erste Link von Elefant enthält dazu super Informationen).
Pure Systemkosmetik ist Schaumschlägerei, Verbesserungen innerhalb des Systems sind effektiver und leichter durchzusetzen, da die Gelder, die für einen Systemwechsel erforderlich wären, dann für sinnvollere Maßnahmen eingesetzt werden könnten.
rfalio |
 | @ vebeziaa vom 18.11. |  | von: hesse

erstellt: 25.11.2006 11:26:49 |
Dann hatte ich keine gute Förderstufe. In Mathe und Englisch gab es A-, B- und C-Kurse, abe eine Begabteförderung - Fehlanzeige.
Nichts gegen soziales Lernen (bin selbst Sozialpädagoge im Erstfach bzw. Berufsfeld), das eine muß bzw. sollte das andere ja nicht ausschließen. vom sozialen Lernen allein bekome ich eben nicht die Grundlagen in Mathe oder Englisch usw. Vor allem: Das Lernen habe ich hier nicht gelernt!
Das Gymnasium muß ich da (gebe zu, das ist schon 25 Jahre her) nicht groß hinterfragen. V.a. in Englisch hatten wir einen guten Lehrer, der zumindest teilweise erstmal das nachgeholt hat, was eigentlich schon auf der Vorgängeschule hätte vermittelt werden sollen.
Was mich vielleicht auch noch gefuchst hat daß die damalige hessische Schulpolitik die Gesamtschulen gegen die Gymnasien gesetzt hat, um die möglichst zu ersetzen. Da war schon sehr viel Ideologie mit im Spiel.
@ mahakal
Natürlich kann man sich auf jeder Schule bzw. bei jedem Lehrer langweilen, mir ging es aber so, daß hier Anspruch und Wirklichkeit meilenweit auseinanderklafften, während man das Gymnasium z.T. regelrecht verteufelt hat. Leistung war eben verpönt.
Erstmal war das für mich als Schüler angenehm, aber den Bumerang kam dann eben auf dem Gymnasium.
Wie oben schon gesagt: Förderung der Besseren - Fehlanzeige!
LG
Hesse |
 | was hat Polen mit der Hauptschule zu tun? |  | von: wug

erstellt: 26.11.2006 19:50:10 geändert: 26.11.2006 19:51:29 |
Was meinte ich mit meinen Bemerkungen zur polnischen Bildungsreform und was hat das zu tun mit der Zusammenlegung von Haupt- und Realschule?
Die polnische Schulreform von 1999 hatte 2 Ziele: erstens sollte die Schulpflicht um ein Jahr verlängert werden und zweitens sollten Lehrinhalte und -prozeduren modernisiert werden. Deswegen wurde die frühere 8-jährige Grundschule durch eine 6-jährige Grundschule + ein 3-jähriges „gimnazjum” (insgesamt 9 Jahre Schulpflicht) ersetzt, wobei beide völlig separate Institutionen sind.
1) Das Hauptproblem, das bei der institutionellen Veränderung entstanden ist, ist erzieherischer Natur. Früher haben die Lehrer ihre Schüler von klein an gut gekannt, die Relationen unter den Schülern waren in den höheren Klassen längst ausgebildet und die Gruppenrollen verteilt. Jetzt muss sich das in der neuen Schule neu abspielen und das in einem schwierigen Alter von 13-14 Jahren. Ein drastisches Beispiel: vor einigen Wochen haben in Danzig 5 14-jährige Jungs ein Mädchen entkleidet und eine Vergewaltigungsszene simuliert. Die Szene wurde verfilmt mit dem Ziel, sie im Internet aufzuhängen. Das Mädchen fühlte sich dermaßen gedemütigt und erniedrigt, dass sie Selbstmord begangen hat. Ich will nicht sagen, dass solche Geschehnisse allein durch die Reform verursacht werden, aber in den früheren Bedingungen hätte man ihnen besser vorbeugen können.
2) Modernisierung von Lehrinhalten und -prozeduren gelang nur teilwese. Die Lehrpläne wurden zwar wesentlich dezentralisiert und autonomisiert, aber vieles, wie z.B. die postulierten fachübergreifenden “Programmpfade” (Gastaltung der Lehrprogramme nach inhaltlichen Zusammenhängen und nicht innerhalb strikt abgegrenzter Fächer), ist bis heute nur Postulat geblieben. Und dazu war übrigens der institutionelle Umbau gar nicht notwendig.
Deswegen meine ich, dass man beim Reformieren äussert vorsichtig sein sollte. Die eventuelle Modernisierung ginge viel besser durch langsame, aber konsequente Veränderungen innerhalb bestehender Institutionen. Sonst kann es dazu kommen, dass der institutionelle Umbau die eigentlichen Reformen ersetzt. |
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