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Forum: "1. 1 Das finstere Zeitalter"

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4.2neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: ines Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 27.05.2007 13:51:17 geändert: 27.05.2007 14:02:50

„Was soll ich nur tun?“, ihr Kopf war wie leergefegt. Der Arm pochte entsetzlich und ihre Kleider waren nass und verschmutzt. Sie blickte zu Chonrad hoch, der sich daran machte sein Hemd zu zerreißen. Er sah sie plötzlich ganz unverwandt an, Mitleid war in seinen dunklen Augen zu erkennen. „Du sagst gar nichts!“ Marie hielt den Atem an, „Wie meinst du das? Nichts sagen? Irgendeine Erklärung muss ich doch abgeben. Kamill wird fragen.“
Der junge gewiefte Bursche runzelte die Stirn, „Ich habe dich geholt, meine Tante hat nach dir geschickt. Am Weg bist du…“ „Ausgerutscht“, ergänzte Marie, „und habe mich dabei verletzt.“ Das klang annehmbar, doch innerlich wusste sie, dass das nicht auf ewig reichen würde. Chonrad band ihr den Stoffstreifen fest um den schmerzenden Arm und legte ihr eine Schlinge an, die er aus dem Rest seines Hemdes behelfsmäßig zusammenknotete. Dann zog er sie hoch. „Ich bringe dich zu meiner Tante und dann gebe ich deinem Bruder Bescheid.“ Marie nickte stumm. Als er sich aufmachte aus dem Verschlag hinauszugehen, hielt sie ihn unsicher zurück. „Was hat du gesehen, Chonrad?“, fragte sie leise. Chonrad war noch jung, fast noch ein Kind und trotzdem legte er ihr beruhigend die Hand an die Schulter und sagte, „Ich bin rechtzeitig gekommen.“


4.3neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: ines Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 10.06.2007 20:33:10 geändert: 10.06.2007 20:46:14

Er begleitete sie zum Siechhaus, wo er einer völlig außer sich geratenen Tante erstmals einen beruhigenden Vortrag halten musste, über einen fiktiven Unfall und dessen sichtbare Folgen. Aber Chonrad war ja Manns genug um sich überzeugend zu geben und Marie ließ in ihren Augen keinen Zweifel darüber aufkommen, wie dankbar sie ihm dafür war. Anna, seine Tante, schiente den Arm gut ein und band ihn Marie fest an den Körper. Er hatte nicht dabei zugesehen, aber als er Marie wieder nach hause begleiten durfte, merkte er, dass sie die helle Bluse über ihren geschienten Arm gezogen hatte.
Schweigsam stapften die beiden durch die dunkle Stadt. Der Nachtwächter drehte seine Runde und hie und da ertönte das laute Gebell eines der vielen streunenden Hunde. Feucht war die Luft und ungewöhnlich kalt, so schien es ihm zumindest. Es war fast als läge trotz des heftigen Gewitters noch immer ein bedrückender Nebel auf der Stadt, ein Sturm der sich anbahnte, aber nicht wusste wie er seine Kraft entladen würde können. Es war so ruhig, dass er auch aus manch entferntem Haus das stille Weinen um die Verstorbenen wahrnehmen konnte. Fast alle hier hatten jemanden verloren und das Sterben war noch nicht zu Ende.
Sie waren schon fast an Maries Haus angekommen, als er sich endlich ein Herz fasste und stotternd fragte: „Ich weiß, es geht mich eigentlich nichts an, aber ich frage jetzt trotzdem, Marie. Was wolltest du so spät und mutterseelenallein auf der Straße?“ Marie hob überrascht ihren Kopf und sah ihn unverwandt an. Konnte sie ihm trauen? Sollte sie ihm erzählen? Einen Moment lang zögerte sie, dann blieb sie abrupt stehen und fasste mit ihrer unverletzten Hand nach seinem Unterarm. „Kannst du etwas für dich behalten?“, flüsterte sie ihm zu und Chonrad nickte gebannt. „Ja, ja das kann ich! Sicher kann ich das.“, und da begann Marie zu erzählen. Von ihrer Idee den kranken Jakob aus der Stadt zu bringen und ihrem Plan dieses geheime Vorhaben tatsächlich in die Tat umzusetzen. Chonrad staunte nicht schlecht, war das doch wirklich nicht das gebührliche Verhalten einer jungen Städterin, doch was sollte er nun tun? Immerhin ging es um ein Menschenleben und dieses zu retten war doch eine seiner obersten christlichen Pflichten. Was er sich natürlich nicht eingestehen konnte oder wollte, war der Umstand, dass das hier schwer nach Abenteuer roch und ja ein wenig Abwechslung würde ihm gut tun. Chonrad, dessen Blick die ganze Zeit über nachdenklich das Straßenpflaster begutachtet hatte, hob sich. Keck lugte er unter seinem verfilzten Haar hervor und begann leicht zu nicken. Die Lippen sog er abwägend zwischen seine Zähne, kaute eine Weile darauf herum und betrachtete gespannt sein Gegenüber, dann schnalzte er kurz mit seiner. Zunge und antwortete locker. „Gut, dann aber gleich!“
„Gleich?“, Marie verstand nicht, „Was meinst du damit?“ „Wenn du meine Hilfe benötigst, dann tun wir es gleich.“; Maries Mund stand weit offen, doch Chonrad war nicht zu bremsen, „Du holst Jakob und ich mache das mit dem Wagen.“, weg war er. Im Laufen drehte er sich noch einmal um und rief, „Hier vor dem Tor in einer halben Stunde. Zieh dir feste Schuhe an!“, damit war er auch schon um die Ecke und ließ eine völlig überraschte Marie am Tor ihres Hauses zurück. Lange noch stand sie einfach da und versuchte ihre Gedanken zu ordnen, doch dann stahl sich ein kleines Lächeln auf ihre Lippen. Das schwere Tor schloss sich hinter ihr und sie dachte, „Noch einer der von Konventionen nicht viel zu halten scheint!“ und machte sich auf den Weg zu Jakob. Ihr Arm pochte noch immer und die Kiesel unter den dünnen Sohlen drückten sich in ihre Füße, doch das war jetzt nebensächlich. Der Mond kämpfte sich durch eine Wolke und erhellte die schmale Tür gerade so weit, dass man einen flüchtigen Schatten hindurchgleiten sehen konnte.


4.4neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: ines Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 14.06.2007 20:59:44 geändert: 14.06.2007 21:06:28

Da war sie wieder diese weiche sanfte Stimme, doch diesmal war sie nicht alleine. Eine weitere hatte sich dazugesellt. Sie schien etwas hektischer zu sein und doch kannte er auch diesen Klang nur all zu gut. Einzig die Gesichter dazu fehlten ihm. Es war dunkel, so viel wusste er auch ohne die Augen zu öffnen. Konnte er das überhaupt? Jakob war sich nicht sicher. Vorsichtig drehte er seinen Kopf zur Seite. Das Tuch unter seinem Gesicht fühlte sich kalt und feucht an. Sein Haar klebte unangenehm an der Stirn und sein Körper schmerzte an jeder nur erdenklichen Stelle. Mit aller Mühe hob er seinen Lider. Nur ein Stück weit, mehr schaffte er nicht. Doch es war genug um im matten Schein des Talglichtes die Menschen zu sehen. Unscharf, ja völlig verschwommen, dennoch erkannte er sie. Ihm abgewandt am Bettrand saß Hedwig, die er an ihrem streng unter einer Haube versteckten Haar erkannte. Eine Hand ruhte auf seinem Unterarm und er spürte die Ruhe die von dieser Frau ausging. Alles andere als Ruhe jedoch kam von der offen stehenden Türe. Er sah nur eine dunkle Silhouette, doch an den fahrigen Bewegungen erkannte er Marie.
„Marie?“, es war vielleicht ein leises Flüstern oder eher ein Krächzen, doch es brachte die beiden Frauen schlagartig zum Verstummen. Jakob versuchte es noch einmal, „Hed…?“, sie drückte seinen Arm. „Ja? Jakob, ich bin hier. Ich bin hier.“ „Wie lange?“, stieß er kraftlos hervor. „Einige Tage! Es wird wieder gut, alles wird wieder gut, Jakob.“, doch Jakob presste seine Lider abweisend aufeinander. „Nein, …mein Vater.“, er hatte seine letzte Kraft zusammengenommen um seinen Kopf zu heben, doch nun sank er matt zurück. „Keine Sorge, Kamill hat Bescheid geben lassen. Sie wissen, dass du hier bist.“, beruhigte Hedwig, aber der Kranke warf nur unwillig seinen Kopf zur Seite. „Nein, …..“, krächzte er, „…krank. Fieber.“, dann atmete er völlig erschöpft aus. „Ja du bist krank, du hast Fieber, aber es wird besser.“, versuchte es Hedwig erneut, doch Jakob reagierte nicht mehr und als sie sich nach Marie umdrehte,lehnte auch diese regungslos an der Tür. Ihre Hand zitterte. „Marie?“, fragte Hedwig besorgt, doch die junge Frau reagierte nicht. Vielmehr starrte sie auf Jakobs eingesunkenes Gesicht, dann raunte sie ahnungsvoll, „Wen hat er geschickt?“. Plötzlich straffte sie ihren Rücken und richtete sie sich auf. „Wen hat Kamill zu seinen Eltern geschickt, Hedwig?“, ihr Ton war fordernder geworden. „Bardulf.“, antwortete Hedwig zögernd, doch da wirbelte Marie auch schon herum und polterte die Holztreppe hinunter.
Chonrad, der mit einem klapprigen Wagen und ebenso klapprigen Pferd vor dem Tor wartete, wäre sie beinahe umgerannt. Den Schmerz in ihrem Arm ignorierte sie als sie auf den Wagen kletterte. „Komm schon! Steh da nicht so rum! Wir müssen ins Viertel.“, Chonrad kratzte sich unschlüssig an der Stirn, doch dann schwang er sich auf den Wagen und ließ die Zügel schnalzen. „Ins Viertel? Verstehe einer die Frauen!“, dachte er still, doch Maries Gesicht verriet ihm, dass auch diese Angelegenheit kein Spaß war.


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von: ines Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 14.06.2007 22:11:19

Der alte Gaul stapfte klappernd über die holprigen Pflastersteine und rüttelte die beiden Menschen am Wagen durch die Stadt. Chonrad wagte nicht zu fragen und Marie zeigte nur wortlos mit ihrer Hand die Richtung an. Nach einer Weile deutete sie ihm zu halten. Chonrad zog die Zügel an und sprang vom Wagen. Anbinden brauchte er dieses Pferd nicht. Er hoffte eher, dass es nicht mitten am Weg zusammenbrechen würde. Freiwillig würde sich der Klepper keinen Schritt mehr bewegen. Er bot Marie seinen Arm und half ihr vom Kutschbock.
Sie waren am Haus des Schneiders angelangt. „Was tun wir hier?“, raunte er, doch Marie hielt ihm nur ein Tuch entgegen. „Binde dir das um Nase und Mund!“, murmelte sie, dann versuchte sie eben dies mit ihrem eigenen Halstuch. Sie mühte sich ab, das konnte er sehen. Wortlos nahm er ihr die beiden Enden aus der Hand und half. Er ahnte was nun kommen würde und ein kurzer Blick in die Augen der Frau neben ihm, bestätigte ihm seine Befürchtung. „Es gibt wieder Arbeit?“ „Ja, ich fürchte schon.“, antwortete sie, dann trat sie einen Schritt vor und klopfte tüchtig an der Tür. Nichts rührte sich und so klopfte sie erneut. Marie trat zur Seite und Chonrad tat was er in den letzten Wochen nun schon so oft getan hatte. Er nahm Schwung und ließ seinen Körper hart gegen das Türblatt fallen. Es knackte sogleich und der hölzerne Riegel gab nach. Maries Herz klopfte wild und doch wusste sie schon beim Eintreten was sie erwarten würde. Das kräftige Gewürzöl auf dem Tuch konnte den verräterischen Gestank der aus Jakobs Haus kam nicht überdecken. Sie war auf alles gefasst gewesen und es sollte doch schlimmer kommen als sie sich hatte vorstellen können. Chonrad holte die Laterne vom Wagen und drängte sich an ihr vorbei. Mit hochgehaltenem Licht versuchten sie sich zurecht zu finden. Er fand eine weit heruntergebrannte Kerze am Tisch, entzündete sie und reichte sie Marie. Ohne sich umzusehen durchschritt sie die Wohnstube. Eigentlich war es nur zur Bestätigung dessen was sie schon wusste und doch öffnete sie die Tür zu dem kleinen Raum neben der Küche. Jakobs Eltern waren nicht mehr die jüngsten gewesen, doch hätte sie sich ein anderes Schicksal für die beiden liebenswürdigen Menschen gewünscht. Gerade für Jakobs Mutter, die ihr in mancher Situation die eigene ersetzt hatte. „Krank, Fieber.“, Marie hatte sofort gewusst, dass er nicht sich selbst gemeint hatte. Nun lagen sie da vor ihr in ihrer einfachen Schlafkammer. Die Wangen eingefallen, dunkle Verfärbungen auf der Haut und doch wirkten sie beinahe friedlich. Ein dicker Kloß setzte sich in ihrem Hals fest und sie kämpfte tapfer gegen ihre Tränen. Marie wandte sich ab und machte sich daran das Zimmer zu verlassen. Mitten in der Bewegung jedoch hielt sie Inne. Etwas irritierte sie. „Chonrad, bring mir das Licht näher.“, sagte sie. „Sind sie da drinnen?“, fragte er und Marie nickte. Chonrad hielt die Laterne hoch und da konnte es Marie erkennen.
Über den ganzen Boden verstreut lagen die Habseligkeiten der Verstorbenen. Die Truhe an der Wand stand offen und das gute Gewand war heraus gezogen worden und dann achtlos auf den Boden geworfen worden. Eine zerbrochene hölzerne Schale lag daneben und selbst der schöne Zinnbecher war unter den kleinen Schemel gerollt. Marie drehte sich zur Wohnstube um, aber auch dort bot sich derselbe Anblick. Laden waren geöffnet, auch die Ofentür stand weit offen und die verkohlten Holzscheite lagen am Boden. „Hier hat jemand etwas gesucht. Und ich weiß auch schon wer!“, murmelte sie. Chonrads Augenbrauen wanderten hoch, „Muss ich das verstehen?“, fragte er halblaut und gut war, dass er mit keiner Antwort gerechnet hatte. Denn die bekam er nicht.


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von: ines Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 15.06.2007 20:00:00 geändert: 20.07.2007 19:44:00

Sie gelangten erst spät am Stadtrand an. Der Wachmann schlief tief und fest und wachte selbst durch das Knarren des alten Tors nicht auf. Es war Marie selbst die den Wagen lenkte, einhändig und ungeschickt, doch der alte Gaul kannte den Weg offenbar und manövrierte seine Ladung sicher durch die Einfahrt. Nach dem er das Tor geschlossen hatte sprang Chonrad wieder auf und übernahm die Zügel. Langsam dämmerte nun schon der Morgen und ließ erste Schatten erkennen. Marie löschte das Licht, sie wollte nicht gesehen werden. „Ich werde es ihm erklären, später werde ich ihm alles erklären.“, schwor sie sich stumm. Chonrad fuhr ein Stück weit den Weg entlang, dann bog er ab und führte den Wagen in den angrenzenden Hain. Nach wenigen Metern hielt er an und half Marie herunter.
Irgendwie schafften sie es die beiden leblosen Körper auf eine nahe gelegen Lichtung zu zerren. In Leintücher eingewickelte schleiften sie sie über den Boden. Das feuchte hohe Gras gab unter dem Gewicht nach, doch richtete es sich bald wieder auf. Chonrad holte schließlich den alten Spaten und so begruben sie Jakobs Eltern im Schatten einer großen Linde. Der Himmel hinter ihnen färbte sich allmählich rosa als sie endlich den Heimweg antreten konnten.
„Ich war es ihnen schuldig. Sie sollten nicht in einer Grube bei den vielen anderen landen.“, beantwortete sie leise Chonrads nicht gestellte Frage. Dieser nickte nur und brachte sie auf demselben Weg nach Hause den sie hergefahren waren. Der Wachposten am Tor, mittlerweile munter, sah sie zwar verdutzt an, ließ sie aber passieren, sonst begegneten sie keinem.
Daheim angelangt schlich sich Marie über den Hof, die Treppen hinauf in Jakobs Krankenzimmer. Erschöpf schloss sie die Türe hinter sich und lehnte sich gegen die Wand. Es dauerte eine Weile bis sie merkte, dass sie nicht alleine war. „Ich denke du hast einiges zu erklären!“, es war Hedwig und sie schien sichtlich verstimmt. Marie spürte ihre Beine kaum noch und sank müde zu Boden. Den Rücken an der kühlen Mauer gestützt erzählte sie Hedwig ihre schrecklichen Erlebnisse dieser Nacht. Der frommen Frau stockte der Atem, doch wagte sie es nicht ihre Freundin zu unterbrechen. Gebannt lauschte sie Maries Worten, doch in Gedanken schickte sie ein kleines Dankgebet an den Herrn, dass er Chonrad des Weges geschickt hatte.


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von: ines Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 15.06.2007 20:49:52 geändert: 15.06.2007 20:53:27

„Wir müssen etwas tun. Bardulf ist ein hinterhältiger durchtriebener Mann. Wer weiß was er noch vorhat und er ahnt, dass wir jemanden hier verstecken.“, Marie klang flehentlich und Hedwig war vollkommen bewusst, dass es tatsächlich an der Zeit war etwas zu unternehmen.
„Marie!“, Kamills Ruf schallte über den Hof, „Wo bleibst du nur so lange? Wir haben Gäste!“ Marie fuhr hoch, kreidebleich. „Gäste, zu so früher Stunde?“, dachte sie, „Welche Gäste?“ Rasch streifte sie sich das Kleid glatt und fuhr sich durchs Haar. „Warte, lass mich das machen.“, meinte Hedwig und flocht ihr schnell einen Zopf. Dann schickte sie die junge Frau los.
Im Nachhinein konnte sie nicht mehr sagen was sie mehr schockiert hatte. War es Kamills Gesichtsausdruck gewesen oder die beiden Männer die hinter ihm am Tisch in der Wohnstube saßen oder vielleicht doch die klaren Worte ihres Bruders. Völlig benommen verharrte sie, wie zu einer Salzsäule erstarrt, in der offenen Türe und blickte geradewegs in das grinsende Gesicht des Schultheißen. „Hab ich dich!“, sagten seine gehässigen Augen, unerkennbar für die anderen, doch völlig klar für Marie. „Ein rechtes Angebot….ehrbarer Mann……“, Kamills Worte kamen nur abgehakt bei ihr an, „…sogar Bruden Antonius bürgt…Rechtschaffenheit…Hand gebeten!“ Elendiglich langsam schien ihr Gehirn zu arbeiten, Schweiß bildete sich in ihrem Nacken und tropfte kalt zwischen ihren Schultern den Rücken hinab. „Das durfte nicht sein. Nein, das durfte einfach nicht sein!“, hämmerte es in Maries Kopf. Das war zu viel. Die krumme Nase in dem spitzen Adlergesicht war das letzte was sie sah, bevor ihr schwarz vor Augen wurde. Auch das dumpfe Poltern hörte sie noch als ihr Körper zu Boden ging, dann war da nichts mehr als erlösende Stille.


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von: ines Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 15.06.2007 21:22:38

„Sie wird doch nicht? Hedwig, sag etwas!“, Kamill war völlig außer sich, das erkannte Marie selbst mit geschlossenen Augen. „Ich hoffe nicht. Vielleicht sind es die Folgen von ihrem Sturz!“, lenkte sie ein, doch Kamill unterbrach sie barsch, „Ihr hättet es mir gleich sagen müssen. Dieses dumme Ding rennt sofort zu dem Kräuterweib im Siechhaus anstatt einen richtigen Arzt rufen zu lassen.“, er fuchtelte nervös mit seinen Armen in der Luft. Marie erkannte nicht ob es echte Sorge war die in seinen Worten mitschwang oder doch etwas Groll über das schiefgelaufenen Heiratsangebot. „Angesteckt wird sie sich haben, da unten in dem Höllenschlund. Dort wird keiner gesund.“, Kamill fuhr herum und stapfte den Flur entlang zurück in die Wohnstube. Marie hörte seine festen Schritte und wusste, er war gereizt. Wenig später vernahm sie weitere Stimmen. „Sei wie es sei, dann komme ich ein andermal wieder. Seht zu, dass sie sich erholt. Mein Angebot steht und es ist ein gutes, dass wird euch wohl klar sein!“, raunte der Schultheiß und Kamill antwortete ungewohnt unterwürfig, „Ja, mein Herr, das ist mir klar.“

Marie schlug die Augen auf. „Hedwig!“, zischte sie, „Hedwig! Er will mich verheiraten!“ Hedwig trat zur Tür öffnete sie kurz und spähte hinaus. Der Gang war leer und so schloss sie die Türe leise, dann eilte sie an Maries Bettrand. „Ich weiß und ich weiß auch mit wem.“, flüsterte sie. Marie blass wie ein Gespenst mit dunklen Schatten unter den übermüdeten Augen blickte sie Hilfe suchend an. „Das kann ich nicht!“, flehte sie stockend, „Hedwig, das kann ich nicht. Nicht diesen grauenhaften Mann. Er hätte mich heute Nacht beinahe…“, sie verstummte. Die Verzweiflung war ihr ins Gesicht geschrieben und Hedwig übermannte Mitleid mit ihrer Freundin. Dicke Tränen rannen über Maries Wangen, Tränen der Erschöpfung und purer Verzagtheit.
Wer Hedwig kannte wusste, dass sie niemals auch nur einen unrechten Gedanken hegte, geschweige denn zu einer Täuschung in dieser Form fähig wäre, doch nun musste sie handeln. „Mir wird schon etwas einfallen.“, beruhigte sie Marie und wischte ihr die Tränen von der Wange. Schließlich drückte sie sie sanft auf ihre Polster zurück. „Schlaf jetzt. Du bist vollkommen entkräftet und ohne Kraft werden wir nicht weit kommen.“, dann raffte sie ihren Rock hoch und erhob sich. „Ungewöhnliche Zeiten verlangen nach ungewöhnlichen Mitteln!“, dachte sie am Weg hinaus.


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von: ines Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 20.07.2007 20:18:17

Es war schon spät, die letzten Sonnenstrahlen waren dabei hinter dem Hausdach zu verschwinden, als Marie versuchte mit nur einem arbeitsfähigen Arm einige Dinge zusammenzusuchen. Leise musste sie sein, denn für ihren Bruder war sie schwer krank und lag fiebernd danieder. Hedwig hatte ihm diese Variante erzählt um sich und ihrer Freundin etwas Zeit zum Nachdenken zu verschaffen. Doch so viel Zeit hätten sie gar nicht gebraucht, denn Marie war nicht davon abzubringen ihr Elternhaus so rasch wie möglich zu verlassen. „Ein Gefängnis ist nicht besser als der Straßengraben!“, hatte sie auf Hedwigs Einwurf, dass auf den Straßen nur der Tod lauere, geantwortet. Eine gekaufte Ehe mit dem Schultheiß wäre für sie einem Leben in der Folterkammer gleich gekommen. Umso bestärkter versuchte sie ihren Plan umzusetzten und als Hedwig wenig später mit einer Schale heißen Tees zu ihr kam und sie darum bat ihn zügig auszutrinken, zögerte sie nicht einen Augenblick und leerte das Gefäß in einem Zug. Schon bald darauf wurde ihr schwindlig und sie spürte wie ihre Beine zu zittern begannen. Hedwig führte sie zu ihrem Bett und Marie setzte sich benommen. „Leg dich nieder, er wird bald da sein.“, und tatsächlich wenig später stieß ihr Bruder die Türe auf, stürmte in ihr Zimmer und kniete sich an ihr Lager. „Marie, Marie! Hörst du mich, oh bitte Marie!“, flehte er und sah Hedwig mit sorgenvollem Blick an. „Und du meinst sie könnten ihr helfen in diesem Kloster?“, fragte er mit tränenerstickter Stimme. Hedwig nickte nur und deutete ihm Marie hochzuheben. Was auch immer Hedwig in diesen Tee getan hatte, es wirkte, denn Maries Gesicht war bleich und schweißnass. Vorsichtig hob sie ihr Bruder hoch, Hedwig griff nach Maries Beutel und gemeinsam brachten sie die junge Frau in den Hof. Der Wagen stand schon bereit und Marie wurde auf die Ladefläche gelegt. „Komm gesund wieder, hörst du!“, hörte sie ihren Bruder sagen und nun tat ihr ihr übereilter Entschluss fast leid, doch da schnalzte Hedwig auch schon mit den Zügeln und das schwere Zugtier brachte den Wagen in Bewegung. Langsam holperte das Gespann über das Pflaster und als Marie vorsichtig durch ihre Wimpern hindurchblinzelte sah sie ihren Bruder, der einsam und um vieles kleiner und eingefallener scheinend, im Hof stand und ihnen nachblickte. Langsam schloss sie ihre Augen und wollte sich gerade ihren trüben und verworrenen Gedanken hingeben, als unter den seitlich von ihr aufgereihten Strohballen eine wohlvertraute Stimme ertönte. „Könnte jemand das Stroh aus meinem Gesicht nehmen, es sticht!“, sagte sie, doch noch bevor Marie antworten konnte, zischte Hedwig vom Kutschbock herunter. „Bis zum Stadttor wirst du es noch aushalten Jakob und jetzt sei still.“ „Herrgott steh mir bei!“, murmelte `Hedwig leise und so verwirrend ihr Zustand auch sein mochte, so konnte Marie doch nicht umhin, sie musste einfach lächeln.


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von: ines Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 23.08.2007 20:06:37 geändert: 23.08.2007 20:08:38

In den letzten Tagen war nichts wichtiger gewesen, als gesund zu werden. Die Nonnen in dem entfernten Kloster führten ein karges aber zufriedenes Leben und dessen Vor und Nachteile wurden nun auch Marie zuteil.
Es war Sonntag und die Nonnen hatten sich zur Frühandacht in die kleine Kapelle zurückgezogen als Marie, von den ersten schwachen Sonnenstrahlen geweckt, sich aus ihrem Bett erhob. Umständlich war es schon, mit dem in einer Schlinge festgebundenen Arm sich in ihr Kleid zu zwängen, aber sie schaffte es. Rasch bürstete sie sich ihr Haar, einen Zopf machen war unmöglich mit einem Arm und dann verließ sie ihre Kammer.
Sie genoss das Plätschern des kleinen Brunnen in der Mitte des Lichthofes, dessen Arkadengang sie nun durchschritt, doch ein Rest des Gefühls, hier genauso eingesperrt zu sein wie in ihrem eigenen Haus blieb. Entschlossen dem zu entfliehen schlüpfte sie durch das Eingangstor und vor ihren Augen öffnete sich ein weiter Blick über die Felder die an das kleine Kloster anschlossen. Linkerhand war das große Wirtschaftsgebäude zu dem sie sich nun wandte und so wie sie gehofft hatte, fand sie Jakob auf einer der Bänke an der erleuchteten Ostmauer. Langsam schritt sie auf ihn zu. Er sah um vieles besser aus als in den Tagen in der Stadt und doch die dunklen Ringe unter seinen Augen sagten ihr, dass er noch nicht wieder der alte Jakob war, den sie einmal gekannt hatte. Würde er es je wieder werden? Sie wusste es nicht, doch zu hoffen blieb ihr. Noch immer bewunderte sie Hedwigs Mut zu der kurz entschlossenen Tat beide aus der Stadt zu holen und wusste zugleich, dass sie tief in ihrer Freundins Schuld stand. Jakob blinzelte gegen die Sonne und bot ihr schweigend einen Platz neben sich an. Marie setzte sich und schwieg mit ihm.
„Schön hier!“, begann er schließlich leise, „Meinem Vater hätte es gefallen.“ Und Marie nickte stumm. Er hat es von Hedwig erfahren und auch wenn er es sich nicht anmerken lassen wollte, so spürte Marie ganz genau seinen Schmerz. „Ja, das hätte es.“, antwortete sie ruhig. Jakob sah sie an. „Was soll ich tun?“, fragte er unerwartet, „Soll ich zurück?“ Marie schüttelte ihren Kopf. „Ich weiß es nicht Jakob. Ich weiß nur, dass ich nicht zurück kann.“ Er senkte seinen Blick und begann nachdenklich die Kiesel neben seinen Stiefeln hin und her zu schieben. „Sie wollen uns dort nicht. Sie wollten uns nie.“, meinte er leise und Marie nickte erneut. „Wo wirst du hingehen?“, fragte er und Marie hob unsicher ihre Schultern. „Ich weiß es nicht, doch alles ist mir lieber als zurück in die Stadt.“, das verstand Jakob nur zu gut, nach all dem was ihm Hedwig erzählt hatte, würde er an Maries Stelle auch das Weite suchen.
„Ich habe einiges gelernt, bei meinem Vater.“, Jakob zögerte, „Er meinte ich wäre geschickt. Lesen und schreiben geht auch.“ Als er wieder stockte betrachtete Marie ihn voller Neugier. Was hatte er vor? Mittlerweile hatten sich neben den Sohlen seiner Stiefel zwei kleine Schotterhügel gebildet und doch wetzten seine Füße weiter. „Ich dachte ich fange woanders von neuem an.“, plötzlich lugte er unter seinen kecken Locken hervor und sah sie direkt an, „Kommst du mit?“ Wenn sie mit allem gerechnet hatte, nicht aber mit dieser Frage und doch wie in Trance nickte ihr Kopf, noch bevor sie überdacht hatte was das bedeutete.


5.7neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: frauschnabel Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 26.09.2007 22:25:00 geändert: 26.09.2007 22:42:18

Als Marie sich im Laufe des Tages das Gespräch vom Morgen zwischen ihr und Jakob immer wieder ins Gedächtnis rief, kamen ihr Zweifel. Die Stadt, Ihr Bruder, Hedwig. Alles war so wichtig und bedeutend für sie und sie hatten gerade Hedwig und ihrem Bruder viel zu verdanken, und Chonrad, bei ihm konnte sie sich auch noch gar nicht bedanken. Es gab Menschen, die ihr eigenes Leben für ihres in Gefahr gebracht hatten. Konnte und durfte sie diesen Menschen nun einfach den Rücken zuwenden? Sie wusste, dass wenn Jakob und sie wieder genesen sind, ihnen eine schöne Zukunft bevorstehen könnte. Aber was hätten ihre verstorbenen Eltern dazu gesagt? Marie plagten Gewissensbisse. Hätte sie ihren Zusammenbruch verhindern können? Sie wäre so viel hilfreicher gewesen, wenn sie sich nicht so sehr um Jakob gekümmert hätte, wenn sie rationaler gedacht hätte. Aber Jakob, ihr Jakob.
Marie war ganz durcheinander, sie saß in der Sonne am Brunnen und konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Eine Hand legte sich auf Maries Schulter, Schwester Begina. „Marie, du brauchst Ruhe! Du musst dich ausruhen und dir nicht den Kopf zerbrechen über Dinge, die Zeit haben.“ „Wenn Begina wüsste“ dachte Marie und bevor sie sich versah, schüttete sie ihr ganzes Herz der Schwester aus. Nach einer halben Ewigkeit und vielen Tränen später, war Marie erleichtert aber auch von großer Schuld geplagt.


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