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Forum: "Mutter meines Schülers begingt Selbstmord - wie damit umgehen?"
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| Danke | | von: verena31
erstellt: 28.02.2009 14:10:21 |
... euch zweien für die schnelle Antwort!
Ich weiß nicht, ob der Junge am Montag schon kommt, da am Dienstag die Beerdigung ist, denke ich fast, dass er diese 2 Tage vielleicht lieber noch daheim bleibt. So war es zumindest bei einem Schüler aus der anderen Klasse, der seine Mutter vor ein paar Wochen wegen schwerer Krankheit verloren hat...
Das Problem ist, dass wir hier in einem Mini-Kaff ganz am Rand von Niederbayern sind, einen Schulpsychologen haben wir leider auch nicht an der Schule, wir haben nur eine "etwas seltsame" Dame auf Landkreisebene...
Jetzt hab ich schon überlegt, evtl. den Pfarrer dazuzuholen... Der kennt die Kinder gut, da er sie selber in Religion unterrichtet.
Oh mann, der arme kleine, vor knapp einem Jahr ist seine Cousine an Krebs gestorben, daran wäre er fast zerbrochen und jetzt das auch noch
LG Verena |
| Schrecklich! | | von: wishfulthinking
erstellt: 28.02.2009 14:31:01 geändert: 28.02.2009 14:33:16 |
Meist hilft es bei sowas, wenn man seinen eigenen Instinkten vertraut und entsprechend handelt. Zum Glück ist der Mensch mit guten Instikten und Empathie ausgestattet.
Du schreibst nicht, ob Du Klassenlehrer bist, aber bei Grundschule vermute ich das einfach.
Also bist Du auf mehreren Ebenen gefordert: der Klasse gegenüber, dem Kind gegenüber, und der Familie des Kindes gegenüber.
Was das Kind und seine Familie betrifft: da würde ich als Klassenlehrer unbedingt anbieten, die Familie zu besuchen. Bei so einem Besuch, der ja nicht lang zu sein braucht, bekommst Du ein Gespür für das, was in der Familie los ist, wie Dein Schüler verfasst ist und wie man mit dem fürchterlichen Ereignis umgeht. Ob er von zuhause Hife bekommt oder die Familie überfordert ist. Das wird Dir dann auch helfen damit umzugehen. Eventuell kannst Du den Vater auf Beratungsstellen hinweisen, die bei Bedarf krisenmäßig intervenieren können.
Das Kind selber wird sich vermutlich, wenn es wieder in die Schule kommt, nach Normalität sehnen und vielleicht gar nicht wollen, dass der Tod der Mutter in seiner Anwesenheit noch groß thematisiert wird. Es hat fürchterliche, herzzerreißende Tage hinter sich, und Schule wird ein wichtiger Ort der Normalität und Kontinuität sein.
Es wird sich wahrscheinlich den einen oder andere Kameraden suchen, dem es sich häppchenweise anvertraut.
Ich würde mich als Gesprächspartnerin vorsichtig anbieten und dann abwarten, ob das Kind sich annähert.
Aber mit der Klasse musst Du natürlich am Montag ausführlich reden.
Dazu gehört eine knappe Information was geschehen ist, das Abbremsen aller Spekulationen bgzl. Gründe, Methoden etc.
Die Kinder müssen die Möglichkeit bekommen, ihre Betroffenheit und ihre Gedanken zu äußern.
Sie werden dann vermutlich das Bedürfnis haben, für ihren Mitschüler irgendein Zeichen zu setzen.
Ein Bild, bemalte Händeabdrücke zum Zeichen der Solidarität, eine Karte oder viele Karten, ein Lied, irgendetwas. Und wenn sie dann von der Trauer auf die Handlungsebene umschwenken und überlegen, was sie genau machen wollen, sind sie schon ein Stück weiter. Ihr könnt ja den Rest des Vormittags gemeinsam etwas gestalten für das trauernde Kind. Ich würde mich materialmäßig darauf vorbereiten.
Was ich wichtig finde: mit den Kindern überlegen, was dem trauernden Kind denn wohl gut tun würde, wenn es ab Mittwoch wieder in die Schule kommt. Sich hineinversetzen und spüren, welches Verhalten negativ wäre (ausfragen, zu stark Beileid äußern, ausgrenzen, tuscheln, übertriebene Schonung..) und welches Verhalten hilfreich wäre (mit einbeziehen, Normalität zulassen, keine inneren Mauern aufbauen Unbefangenheit versuchen, nachmittags einladen!! ...). Eventuell kann man auch thematisieren, dass ein trauerndes Kind sich möglicherweise nicht so verhält wie sonst, also plötzlich traurig wird oder böse, unberechenbar reagiert etc., - dass aber eben in einem so trauernden Kind auch schrecklich viel vor sich geht, was man kaum ahnt.
Darüber kann man mit den Kindern sicher gut reden, und dann gewinnen sie selber mehr Sicherheit im Umgang mit der Situation.
Insgesamt lernen Kinder schon früh, dass es im Leben ganz entsetzliche Dinge gibt, die nicht abzuwenden, zu beschönigen, zu erleichtern sind - und das ist auch für viele Erwachsene schwer zu akzeptieren.
Wir leiden mit, sind aber auch in unserer Professionalität gefordert. Beherzt und authentisch sein scheint mir der beste Weg.
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| . | | von: feul
erstellt: 28.02.2009 15:00:04 |
die mutter eiens schülers (damals 11) aus meiner klasse hat sich vor zwei jahren am letzten schultag vor weihnachten das leben genommen.
vieles, was wishfulthinking bereits gut dargelegt hat, ist bei uns gemacht worden.
wir haben hier auch ein sehr gut funktionierendes KIT, und am ersten schultag nach weihnachten war bereits eine dafür geschulte lehrerin in meiner klasse und hat das geschehene besprochen (es waren in einem kleinen dorf wie dem unseren viele gerüchte im umlauf, die sie alle gut abgefangen hat). sie hat auch die schüler großartig darauf vorbereitet, wie sie ihrem mitschüler am besten "begegnen" sollen, wenn er wieder kommt. auf ihren vorschlag hin haben wir an diesem tag eine gruppenarbeit in zeichnen geplant, wo er mit seinen besten freunden zusammengearbeitet hat, es gab für jeden klare aufträge und einiges zu tun. wir versuchten, so "normal" wie möglich zu arbeiten.
nach dieser ersten woche war meine klasse auf schikurs, der schüler wollte unbedingt mitfahren udn genau das hat ihm sehr gut getan. zwei mädchen dieser klasse hatten während dieser woche jedoch ängste, ihre mütter/väter könnten nicht mehr am leben sein, wenn sie nach hause kommen, diese panik galt es abzufangen und das kann natürlich bei den mitschülern auftreten.
der schüler war ein weiteres jahr in psychologischer betreuung, heuer hat er es abgelehnt, er "braucht es nicht mehr" (seine worte). |
| Handreichung | | von: piramia
erstellt: 28.02.2009 15:25:41 geändert: 28.02.2009 15:35:34 |
In Baden-Württemberg wurde an jede Schule eine Broschüre "Vom Umgang mit Trauer in der Schule" zugesandt. Ich habe kurz mal reingeschaut, die Tipps die da gegeben werden, sind im Wesentlichen in den vorigen Beiträgen schon erwähnt worden.
Wenn es an eurer Schule ein Kriseninterventionsteam gibt, würde ich das auf jeden Fall mit einschalten, solche Ereignisse gehen ja durch die ganz Schule und man sollte sich da abstimmen.
Habt ihr in der Gegend ein Notfallseelsorgeteam? Diese Leute sind speziell ausgebildet und helfen nicht nur den Opfern, sondern auch den Helfern.
Jetzt am Anfang sind noch alle betroffen, ganz schnell geht man aber zur Tagesordnung über, es ist wichtig, dieses Kind auch weiterhin nicht aus den Augen zu verlieren!
Nachtrag:
http://www.schule-bw.de/lehrkraefte/beratung/beratungslehrer/auffaelligkeiten/krisenintervention/trauer.pdf
http://www.notfallseelsorge.de/Besondere%20Einsaetze/kinder.htm |
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