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Forum: "Amoklauf in Winnenden"
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| vor allem, da die Medienvermarktung des Ganzen so hoch ist | | von: joqui
erstellt: 11.03.2009 23:37:11 |
Das stört mich gewaltig!
Heute in BR3 ein Experte, der erklärt, dass die Amokläufer sich oft noch ein Denkmal setzen wollen und mit einem Knall aus der Welt verschwinden. In dem Wissen, dass sie "Geschichte" geschrieben haben noch in den Tod gehen und möglichst viele mitreißen. Es stecke ein Plan, eine Absicht dahinter.
Und dann eine Sondersendung nach der anderen, wo geschockte Jugendliche befragt werden - ohne Rücksicht auf das, was die gerade erlebt haben! Nur die Sensation im Vordergrund.
Mir ist das Dilemma bewusst - "Die Öffentlichkeit" will informiert sein. Aber geht es auch "ne Nummer kleiner"?
Versteht mich nicht falsch - ich bin entsetzt und fühle aus tiefstem Herzen mit den Betroffenen und deren Familien (und damit meine ich alle, die das miterleben mussten - nicht "nur" die Opfer). Aber ich fürchte schon, dass dieser wahnsinnige Medienhype auch andere reizen könnte, sich ein ähnliches "Denkmal" zu setzen.
joqui |
| Brandwerfer | | von: rodlerhof
erstellt: 12.03.2009 13:06:35 |
1964, gerade mal im 5. Schuljahr in einem Vorort von Köln, habe ich erstmals von einem Amokläufer gehört.
In Volkhoven, in der Nähe von Köln, war ein junger Mann mit einem Brandwerfer in eine Grundschule eingedrungen und hatte mehrere Schüler und Lehrer getötet.
Im Kunstunterricht haben wir das in Form einer Bildergeschichte aufgearbeitet. Ich weiß noch genau, wie erschrocken mich das gemacht hatte.
Lange hatte ich die Bilder aus der Zeitung vor Augen , obwohl ich keinen der betroffenen und auch nicht den Ort kannte.
Der Kunstlehrer war damals der einzige Lehrer, der mit uns über die Tat gesprochen hat. Am nächsten Tag beschwerten sich Eltern über sein vollkommen "unpädagogisches Verhalten" und wir mussten unsere Bildergeschichte abbrechen. Ich habe sie zu Hause beendet und konnte nicht verstehen, dass wir in der Schule nicht mehr darüber sprechen durften.
Noch heute habe ich die Bilder vor Augen. damals hatte ich noch keine Chance, das im fernsehen zusehen. Ich weiß auch gar nicht, inwieweit so etwas damals schon ausgeschlachtet wurde.
Wenn ich so meine ertinnerungen betrachte, kann ich mir vorstellen, wie traumatisiert all die Leute sind, die unmittelbar betroffen sind. |
| Das Entsetzliche dabei: | | von: rhauda
erstellt: 12.03.2009 17:33:02 |
...ich kann jetzt aus eigener Erfahrung sagen, dass selbst wenn der Lehrerschaft die Explosivität und psychische Gestörtheit eines Schülers bewusst ist, es keinerlei Handhabe gibt, im Vorfeld Schlimmeres zu verhindern.
Zwangseinweisung gibt es nur auf ganz konkrete Anlässe, d.h., die Drohungen müssen schon deutlich und ganz massiv und konkret sein. Sozialpsychiatrischer Notdienst sagt das ebenso.
Jugendamt zieht sich auf Aussagen des Sozialpsychiatrischen Notdientstes zurück.
Einweisung geht nur mit Einwilligung der Erziehungsberechtigten, Therapie nur mit Einwilligung des Betroffenen.
Das Zerlegen der eigenen Wohnung und mehrere Gewaltvorfälle mit völligem Ausrasten sowie unvorstellbarer Hass auf alle Mitschüler und Lehrer (so wortwörtlich geäußert)reichen einfach nicht aus.
So sitzt man da und schaut es sich an: a desaster waiting to happen.
Im schlimmsten Fall bleibt der Schule nur, hinterher die toten Kinder und Kollegen zu zählen und die Schülerakte vorzuweisen, die beweist, dass man alle notwendigen Stellen form- und fristgerecht informiert hat.
Was ganz deutlich fehlt ist eine Institution mit Richter, die man bei außerordentlichen Verdachtsmomenten informieren kann, damit ein betreffender Schüler SOFORT zwangsweise ausführlich psychiatrisch begutachtet wird und dann entpsrechende Maßnahmen angewendet werden können, oder bei positivem Ergebnis eben auch nicht.
Mein Erleben: es geht nur, wenn direkt etwas Krasses vorfällt. Präventiv geht gar nix. Null. |
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