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Forum: "Anstrengungsbereitschaft und Frustrationstoleranz bei Schülern"
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| ich auch.... | | von: fool
erstellt: 08.02.2007 19:05:30 |
... Ich habe in den letzten Jahren ähnliche Erfahrungen gemacht, dass nämlich immer mehr AUFGEBEN, bevor sie angefangen haben.... oder auch nur das tun, wonach ihnen gerade ist oder ....usw. usf. ... sie tun jedenfalls schon lange nicht mehr alle, was sie tun sollten und WIR wollen !!!
(Man fühlt sich in einigen Klassen wie Don Quichotte (oder wie der geschrieben wurde, unwichtig) beim Kampf gegen die Windmühlen !!!)
Wir KÖNNTEN uns sagen "Scheißegal, wir kriegen unser Geld !!", aber jeder von uns hat auch eine gewisse BERUFSEHRE !! ... davon gehe ich mal aus...
Ich grübele seit JAHREN darüber nach, woher die Unlust kommt, in unserer Region liegt es eventuell an den hohen Arbeitslosenzahlen, die Kids merken also, dass gute Ergebnisse in der Schule nicht unbedingt mehr wert sein müssen ... aber DIESE ANTWORT kann aus meiner Sicht nicht alles erklären. |
| tut sie auch nicht, | | von: n8wandler
erstellt: 08.02.2007 19:09:17 |
vielmehr haben die Eltern keine Zeit, Lust und Kraft mehr konsequent zu sein. Kinder lernen recht früh, lange quengeln macht Eltern weich, außerdem Mutter räumt schon weg, wenns ihr stinkt, hat ja Zeit, ... Kinderchen bekommen das vergessene Pausenbrot, die vergessenen HAs, ... in die Schule nachgetragen, an ca 500m Entfernung zur Schule läßt man sich bei Stundenausfall abholen, ... erlebt man doch täglich, oder.
Woher soll dann die Erfahung kommen, das kann ich, das will ich selber machen |
| @rolf | | von: dandan
erstellt: 08.02.2007 19:25:31 |
also bei mir "muss" kein Schüler! Er kann sich entscheiden ein
Lernangebot anzunehmen oder es auszuschlagen, bzw. etwas
anderes zu tun, solange er die anderen Kinder nicht bei der
Arbeit stört.
Auf die Frage, was er denn damit tun kann, erhalte ich allerdings
oft die Antwort: Nichts, weil ich nichts verstehe. Was mich
wieder an den Anfang bringt: Lies die Arbeitsanweisung genau
durch, dann kannst du auch etwas damit machen!
Gundsätzlich finde ich deinen Ansatz von selbstbestimmten
Lernen und dem Lehrer als Lernbegleiter klasse. Allerdings
wären mir ein paar konkrete Handlungsanweisungen für die
Organisation des Lernens unter den Bedingungen der
Hauptschule eine große Hilfe (z.B. zeitlicher Ablauf, Material,
Lehrplanbezug, usw.). Damit meine ich nicht, die mir bereits
bekannten drei Erlaubnisse und das Verbot, sondern
Möglichkeiten, wie ich diese Art von Unterricht strukturieren
kann.
Ich freu mich auf eine Antwort!
Gruß
dandan |
| Boah, ich freu mich | | von: clausine
erstellt: 08.02.2007 19:40:07 |
über so viel Resonanz. Ich habe in jedem eurer Beiträge etwas gefunden, was passt.
Die Kinder sind heute durch das "Vorkauen" im Fernsehen, von ihren Eltern und am Computer kaum noch in der Lage, sich längere Zeit mit einer Sache vertiefend zu beschäftigen. Allerdings sehe ich auch, dass, wenn die Sache selbstgewählt und die Medien selbstbestimmt sind, eine Menge mehr an Arbeitswillen von den Kindern kommt, das sehe ich schon auch so. Habe letzte Woche auf Wunsch der Kinder unendlich viel Material zum Thema Weltall angeschleppt, die Kids ebenfalls - und sie haben gearbeitet wie die Weltmeister. Viele schöne Plakate, Merkzettel und selbstgebastelte Planeten schmücken jetzt unser Klassenzimmer.
Ich würde gerne warten, bis die Kinder von selbst das Thema schriftliche Division (was wirklich trocken und vom Algorithmus her umfangreich ist) auf den Tisch legen, aber würden sie das wirklich tun???? Wie locke ich z.B. gerade solche "Zwangsthemen" (gerade für die Kinder, die zum Gymnasium wollen oder müssen, ist das doch Pflicht, diese schriftlichen Rechenverfahren runterzubeten!), Rolf??? Da brauch ich echt Hilfe.
Ich fühle mich verpflichtet, die Kinder gut auf die weiterführenden Schulen vorzubereiten, und da liegen so schöne Grammatikthemen wie die 4 Fälle, die Satzteile, die Zeichensetzung an, in Mathe eben die Grundrechenarten und Sachaufgaben. In Sachunterricht decken sich die Themen, die die Kinder spannend finden (Sexualkunde, Ritter, Weltall, Experimente....) mit den Lehrplänen.
Und: eure Vermutung, dass bei meiner besagten Schülerin die Erwartungen der Eltern dahinter stecken und das Mädchen eigentlich nur seine Ruhe haben will, ist völlig richtig!
Danke für eure vielen Beiträge bisher!
Clausine |
| Heute: Mein Waterloo beim Mikroskopieren - Liveschaltung | | von: rhauda
erstellt: 08.02.2007 20:01:20 geändert: 09.02.2007 06:39:19 |
zum Lachen, wenn es nicht zum Weinen wäre...
10. KLasse, Großes Thema ist Zellbiologie und Genetik.
Dachte ich, fang doch mal damit an, dass sie sich pflanzliche Zellen und Zellen der Mundschleimhaut mit dem Mikroskop anschauen. (Sie haben noch nie ein Mikroskop gesehen, läßt auch tief blicken, was den Unterricht der Vorgänger angeht).Schüler begeistert, finden das spannend.
Nach Einführung in die Handhabung des Mikroskops (Schüler können 15 verschiedene fertige Präparate unters Mikroskop legen und raten, was das ist)in der letzten Stunde also ganz motiviert ein AB erstellt:
1. Aufgabe: Schneide aus dem Zeitungsschnipsel EINEN Buchstaben aus, lege ihn auf den Objektträger und decke ihn mit einem Abdeckplättchen ab. Zeichne, was du siehst.
Ergebnis: 5 von 12 Teams nehmen Zeitungsschnipsel, legen ihn vollständig unters Mikroskop und ballern ein Abdeckplättchen drauf, das natürlich ob des großen Schnipsels runterfällt. "EyYYY! Jetzt ist das kaputt! Ich kann gar nix sehen!" Etliche andere kriegen mit ihren grobmotorischen Fingern den winzigen Schnipsel nicht in den Griff. Es liegen zwar Pinzetten da, aber die sind ja was für Weicheier! Ebenso lesen nur Schwächlinge Arbeitsanweisungen. Die Zeichnungen werden z.T. mit fetten Eddings gemacht.
2. Aufgabe:
Mikroskopieren eines Zwiebelhäutchens.
Anweisung: Ziehe ein hauchdünnes Häutchen ab, schneide ein Stück von etwa 0,5 x 0,5 cm zurecht, benetze es mit einem Tropfen destilliertem Wasser und decken ein Abdeckplättchen darüber. Stelle scharf und zeichne, was du siehst.
Ergebnis: Ein Team schneidet eine fette Zwiebelscheibe zurecht, dreht an der Justierschraube und jagt Objektiv in das Präparat bis zum Quetschen.
Ein Team tropft Aquadest. auf Objektträger, legt Abdeckplatte drauf und vergisst Zwiebel. "Ey, Scheiß, ey, da ist ja nix zu sehen!"
Ein Team sieht gar nix. Man hat mit dem Okular rumgespielt und vergessen, es wieder reinzustecken. Dass das Auge mittlerweile Druckringe hat vom leeren Tubus...What shall's?
Die Zeichnungen sind meistens nur hingeschissene Raster mit was auch immer man an Stift gerade hat.
2. Aufgabe: Kratze mit dem Spatel in deiner Backentasche. Bringe einen Tropfen dieses Speichels auf den Objektträger, vermische ihn mit einem Tropfen destilliertem Wasser. Decke ein Plättchen darüber.
Tropfe nun mit der Pipette einen Tropfen Methylenblau so an die Seite des Abdeckplättchens, dass der Tropfen die Seite berührt. Nimm ein Stück Papiertaschentuch, halte es an die andere Seite und "sauge" das Methylenblau unter das Abdeckplättchen.
Ergebnis: Ein Team: "Woahhh, der hat einen Gelben da drauf gesetzt!"
Anderes Team: Aquadest auf Objektträger, Abdeckplättchen drauf, Methylenblau mit Speichel vermischt (beides mit Tropfpipette aufgesogen). das Ganze auf das Abdeckplättchen und dann runterfallen lassen.
Drittes Team: Zeitungsschnipsel genommen und mit Methylenblau eingefärbt, ohne Abdeckplättchen unter Mikroskop gelegt.
Da war ich dann FAST reif für die Klapse.
Zur Ehrenrettung der Schöler muss ich sagen, dass es auch Gruppen gab, die vorzüglich gearbeitet haben.
Andererseits: Ich rede von Schülern der 10.Klasse Realschule und ich weiß, dass sie nicht so chaotisch waren, um mich zu provozieren.
Diese Schüler gehen z.T. in 6 MOnaten in einen Betrieb. Da versaubeuteln sie nicht ein Abdeckplättchen für 0,5 Cent, sondern vielleicht ein Gerät oder Material von 1000 Euro.
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| @dandan | | von: rolf_robischon
erstellt: 08.02.2007 23:17:38 geändert: 09.02.2007 11:12:28 |
diese Art von Unterricht strukturieren ?
schwierig, es ist ja kein unterricht.
es ist selber lernen.
das kann nicht "von außen" strukturiert werden.
es ist auch kein verfahren zur fernlenkung.
kinder hab ich alles was sie lernen können und womit sie arbeiten können erreichbar gemacht oder darauf hingewiesen wo es zu finden ist. und unermüdlich informationen, zusammenhänge, abläufe an den wandtafeln und auf sonstigem arbeitsmaterial gezeigt. in einem schulzimmer hatte ich bis zu neun quadratmetern tafelfläche auf der auch ständig kinder gearbeitet haben.
also, kindern einfach zeigen "das gibt es alles und das kann man lernen. und noch viel mehr"
und dann, sich fragen lassen und einfache antworten, nicht lange erklärungen, geben.
eben hab ich ein interview von andreas schleicher von der OECD gelesen.
http://www.4teachers.de/url/905 |
| @rhauda :"grööööl" | | von: ishaa
erstellt: 08.02.2007 23:21:01 geändert: 08.02.2007 23:21:43 |
obwohl es nicht zum Lachen ist. Am besten fand ich den mit Methylenblau eingefärbten Zeitungsschnipsel...
Einige bekommen vielleicht einen Ausbildungsplatz als Arzthelferin, arbeiten später im Labor....
Ich meine, wir hätten hier schon mehrere Foren zum Thema gehabt, und du rhauda hast da immer schon "tolle" Beispiele geliefert.
Ich habe immer mehr den Eindruck, dass viele Schüler am liebsten Aufgaben bearbeiten, die nach dem Schema "rot kommt zu grün und gelb zu lila" funktionieren. Statt Englisch könnte es dann auch Chinesisch sein.
Ich bin an der HS dazu übergegangen, als Hausaufgabe nur "einfache" Dinge aufzugeben, da ich die hundertfachen Ausreden "Ich hab' das nicht verstanden, da können Sie ruhig meine Mutter anrufen, die hat das auch nicht verstanden," nicht mehr ertragen konnte. Nicht dass diese Sprüche jetzt verschwunden wären, sie sind nur seltener geworden. Beispiel: Schreibe den Text ab und unterstreiche die Verben. "Habe ich nicht verstanden." Habe deshalb auch den Text nicht abgeschrieben....
Und es liegt keineswegs immer daran, dass wir völlig an ihren Interessen vorbei unterrichten.
Bie den jüngeren scheint es mir oft mangelnde Frustrationstoleranz zu sein. Beispiel: Karnevalsmasken aus Tapete basteln. Die Kinder finden das mitgebrachte Beispiel toll, wollen das unbedingt machen, stürzen sich mit Feuereifer in die Arbeit--- und nach 15 Minuten fragt der erste: "Kann ich was anderes machen, das ist doof." Es hat nicht auf Anhieb geklappt, er hatte nicht nach 10 Minuten ein tolles Exemplar fertig, also weg damit.
Bei den älteren ist es oft eine so bodenlose Trägheit, dass es mir die Schuhe auszieht. Beispiel: Arbeit mit den Berufsfindungs- bzw. Erkundungsmappen. Die Schüler sollen sich hier individuell mit sich und ihren Fähigkeiten, Wünschen etc. auseinandersetzen, sich selbst einschätzen, Fremdeinschätzungen einholen etc.
Was wünschen sie sich: "So Arbeitsblätter, wo dann unten Wörter stehen, die man einsetzen kann, wie Kollege XY das immer gemacht hat." Thema egal, Hauptsache das Hirn muss nicht eingeschaltet werden... oder?
ishaa |
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