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Forum: "Ein offener Brief zum Jahreswechsel: Liebe Schulpolitiker …"
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 | Ich lese ihn... |  | von: mordent

erstellt: 28.12.2013 11:53:20 geändert: 28.12.2013 11:56:54 |
... gerade das erste Mal und kann wirklich nichts darin unterschreiben, egal ob ich es wörtlich oder ironisch nehme.
Um mal ganz vorne anzufangen: Unserem Schulgebäude wird auch nachgesagt, es sei marode... Ich nenne es nur altersentsprechend "abgewohnt"; nach 40 Jahren im nächsten Jahr. Und trotzdem brauchen unsere Schüler nicht mit Helm im Unterricht sitzen und selbst, wenn sie's müssten und alle 10 Minuten würde ein 100g-Stück Deckenplatte von oben kommen... Man könnte auch dann noch dem Unterricht frönen, experimentieren, Sport treiben und Arbeiten schreiben.
Dann wird etwas von "ausgebrannten Lehrern" gesagt. Die Kollegen, die ich bis jetzt kennen gelernt habe, die wegen Burnout vorübergehend oder ganz den Dienst an den Nagel gehängt haben, waren nur nicht in der Lage, einen Teil ihres Lensstandards für mehr Berufsgesundheit herzugeben. Wenn mich 27 Stunden überfordern, reduziere ich auf 20 und vielleicht noch weiter auf 18. Klar, bekomme ich dann weniger Geld, aber das richtig eingeteilt reicht immernoch dicke. Das geht vielleicht auf den Urlaub, auf die Geschenke für einen selbst und für andere, auf die Zahl der Restaurant- und Konzertbesuche und auf die gefahrenen PkW-Kilometer, aber man wird dennoch satt, kann dennoch Hygiene und Ordnung wahren, in einem Bett schlafen und pünktlich aufstehen.
Ich könnte jetzt Absatz für Absatz durchgehen, aber es ist wie mit den Newslettern vom PhV (über GEW und andere kann ich nichts sagen): 30% der Informationen betreffen vielleicht andere, mich bisher noch gar nicht, und 70% sind zwar wahr, haben aber nicht die negativen Auswirkungen, die der Newsletter propagiert.
Ein Beispiel: Das Arbeitszimmer soll nicht mehr absetzbar sein... Der PhV sagt: Das ginge nur, wenn jeder Lehrer ein Arbeitszimmer in der Schule hätte.
Mal ehrlich: Wer sein Arbeitszimmer zu Hause hat, geht doch heim zum Korrigieren und Vorbereiten, und bleibt nicht deshalb von 7.00 Uhr bis 17.00 Uhr oder - bei Nachmittagsunterricht - noch länger in der Schule...
Und umgekehrt: Obwohl das Arbeitszimmer mittlererweile wieder absetzbar ist (und auch vor der Nichtabsetzbarkeit), nutzt fast jeder von uns auch die Vorbereitungsmöglichkeiten in der Schule oder korrigiert mal nach dem Unterricht noch schnell etwas im Lehrerzimmer, bevor er heimfährt...
Die Absetzbarkeit des Arbeitszimmers zu Hause hat also keinen nennenswerten Einfluss auf unsere Arbeit. Mit Absetzbarkeit haben wir eben etwas mehr, ohne etwas weniger Geld zur Verfügung. Fertig...
So ist jedenfalls meine Meinung. Wenn wir uns beschweren, mosern wir auf sehr hohem Niveau. |
 | hm |  | von: palim

erstellt: 28.12.2013 12:40:30 |
Tja, mordent,
dafür kann ich an deinen Aussagen nichts unterschreiben.
Warum soll ich meine Unterrichtsstunden kürzen, wenn der Arbeitgeber mir über Gebühr Aufgaben bereitstellt, die ich im Rahmen der mir als Lebenszeit zur Verfügung stehenden Stunden und Minuten gar nicht erfüllen kann?
Der Arbeitgeber zwingt mich sozusagen dazu, Abstriche zu machen und ich muss etliche Aufgaben oberflächlich erfüllen, damit sie überhaupt gemacht werden.
Und weise ich jemanden darauf hin, riskiere ich eine Dienstaufsichtsbeschwerde.
Warum soll ich meine Stunden kürzen und eine halbe Stelle annehmen, wenn ich dann doch so viele Stunden für die Schule arbeite ... und werde dann für viel Arbeit noch schlechter bezahlt und bin noch schlechter sozial abgesichert?
Die Menschen, die in meinem Umfeld Burn Out haben, sind schlichtweg von der Last, Verantwortung und viel zu viel Arbeit über Jahre zusammengebrochen und umgefallen.
Sie haben für Schule und Schüler gebrannt, wollten es besonders gut machen, haben sich selbst zuerst vergessen, dann wohl auch sich selbst verloren
... und müssen nach Auszeit, Therapie und Kur mühsam zurück ins Berufsleben finden.
Das liegt auch daran, dass sehr viele Lehrkräfte über sehr viele Jahre wirklich in hohem Maße bemüht sind, hervorragenden Unterricht zu geben, egal wie schlecht die Bedingungen sind.
Stimmt, selbst wenn der Putz von der Decke rieselt, kommen Lehrkräfte auf hilfreiche Ideen. Sie werden Netze oder Laken unter die Decke spannen, damit die Kinder darunter möglichst rieselfrei experimentieren dürfen. Alles halb so schlimm!
Dennoch ist irgendwann der Bogen überspannt und man lernt vor oder nach dem Burn Out, Nein zu sagen.
Nein zu stetiger Überlastung,
Nein zu Behauptungen, etwas zu Lasten von SuS auszutragen, obwohl man stets nahezu rund um die Uhr die SuS im Blick hat und nun wirklich der/diejenige ist, die täglich Kontakt zu ihnen hat und weiß wo der Schuh drückt,
und
Nein zu KollegInnen, die dann immer noch die Fahne hoch halten, alles abstreiten und nicht so schlimm finden und auch bereit wären, unter Mindestlohn und ohne soziale Absicherung tollen Unterricht für die SuS aus dem Hut zu zaubern, allen Konzepten, Plänen und Vorgaben nachzukommen und Inklusion par excellence hinlegen.
Palim |
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