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Forum: "Ab wann ist es der Disziplin zuviel?"
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 | "...egal welcher menschlichen gemeinschaft" |  | von: cyrano

erstellt: 02.07.2008 22:47:20 |
Ich fürchte, das ist der strittige Punkt: Schule ist keine frei gewählte Gemeinschaft. Disziplin zeigt jeder gern, der zu einem bestimmten Zweck kooperiert, wie etwa in einem Bauvorhaben oder einem Forschungsvorhaben oder beim Brötchenbacken in der Backstube (es gibt endlose Modelle).
In solchen Vorhaben ist die Ausgangslage jedoch anders. Kompetenz und Kooperationsbereitschaft müssen sich die Hand reichen, um das Ding zu einem erfolgreichen Ende zu bringen. Jeder einzelne bringt sich ein, um dazu beizutragen.
In der Schule ist es anders: gut ist, wer das tut, was der Mann vor der Tafel von ihm verlangt. Wenn ich 2 bin (so der gängige Wortgebrauch), bin ich gut. Disziplin bringe ich auf, um dieses hehre Ziel zu erreichen (Lehrer findet mich "gut"). Was das alles soll, weiß ich noch lange nicht, auch nicht, wenn das Abi vor der Tür steht. M.a.W.: Der Vorgang "Lernen an der Schule" ist fast ohne Bedeutung.
Schule ist ein langer krankhafter entarteter Initialisationsprozeß, dessen Sinn niemand mehr hinterfragt, weil niemand gern ins Grübeln kommt. Disziplin ist das, was benötigt wird, um diesen Prozeß einigermaßen verträglich zu gestalten, nicht mehr, nicht weniger. |
 | Es |  | von: hesse

erstellt: 03.07.2008 12:03:37 |
liegt doch in der Natur des Menschen, daß er lieber nur die Dinge macht, die ihm etwas bringen, Spaß machen,etc.
Nur kann das in einer Gemeinschaft nicht funktionieren, daß jeder seiner "Triebbefriedigung" nachkommt, wie es ihm gerade gefällt. Daher geht es ohne Disziplin nicht. Sie schützt schließlich auch (und drangsaliert nicht nur)!
Menschen haben, schon bevor sie Schüler werden, Stärken und Schwächen - auch bedingt durch das Elternhaus und dessen (mangelhafte) Erziehung.
Sicher werden Schwächen häufig zu sehr betont, aber ich denke, Schule ist nur ein (manchmal in den Möglichkeiten überbewerteter) Teil unserer Gesellschaft.
Und allzu gerne schieben die eigentlich Verantwortlichen ihr Versagen gerne dieser ungeliebten Institution in die Schuhe - eigentlich ziemlich billig, oder?
LG
Hesse |
 | "Schule ist keine frei gewählte Gemeinschaft" |  | von: silberfleck

erstellt: 03.07.2008 13:15:49 |
Ja, dem kann ich zustimmen, aber welche Gemeinschaft habe ich mir schon ausgesucht? Meine Freunde und meinen Ehemann habe ich mir selber ausgesucht. Ich habe den Beruf erlernt, den ich wollte. Beides ist nicht in allen Kulturen üblich und wie oft erlernen heute Schülerinnen und Schüler nach dem Schulabschluss einen Beruf, den sie nicht wollen, frei nach dem Motto "Sei froh überhaupt was lernen zu können"?
Der Mensch hat verschiedene Motive, etwas zu tun. Dazu gehört sicher auch die Freude, aber zunächst einmal geht es um die Grundbedürfnisse und um Macht und Anerkennung. Und dazu ist Disziplin notwendig.
Wenn es aber nicht mehr um Selbstregulierung und um ein vernünftiges Zusammenleben geht, sondern um Kadavergehorsam und unsinnige Vorschriften (ich persönlich würde dann nicht mehr von Disziplin reden), dann schießt da wohl jemand aus verschiedenen Gründen (häufig Machtstreben, Minderwertigkeitsgefühle) mächtig übers ursprünglich positive Ziel hinaus.
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 | Mal Ruhe da hinten! |  | von: cyrano

erstellt: 03.07.2008 19:34:37 geändert: 03.07.2008 19:35:18 |
Grimms Märchen # 117. Das eigensinnige Kind
Es war einmal ein Kind eigensinnig und tat nicht, was seine Mutter haben wollte. Darum hatte der liebe Gott kein Wohlgefallen an ihm und ließ es krank werden, und kein Arzt konnte ihm helfen, und in kurzem lag es auf dem Totenbettchen. Als es nun ins Grab versenkt und die Erde über es hingedeckt war, so kam auf einmal sein Ärmchen wieder hervor und reichte in die Höhe, und wenn sie es hineinlegten und frische Erde darüber taten, so half das nicht, und das Ärmchen kam immer wieder heraus. Da mußte die Mutter selbst zum Grabe gehen und mit der Rute aufs Ärmchen schlagen, und wie sie das getan hatte, zog es sich hinein, und das Kind hatte nun erst Ruhe unter der Erde.
Zitiert nach: Carl-Heinz Mallet Untertan Kind - die Geschichte einer pädagogischen Verschwörung |
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