|
Forum: "Anstrengungsbereitschaft und Frustrationstoleranz bei Schülern"
Bitte beachte die Netiquette! Doppeleinträge werden von der Redaktion gelöscht.
|
 | Es hat schon was mit dem Alter zu tun |  | von: rfalio

erstellt: 12.02.2007 21:02:27 |
denn in der 5. Klasse finde ich noch durchaus die Begeisterung und auch noch oft in der 6. Jahrgangsstufe ( ohne jetzt zu generalisieren; es gibt auch schon in der GS Kinder, die o.a. Symptome zeigen und andere, die sie nie zeigen).
Dass es am Fachlehrerprinzip liegt, wie clausine vermutet, bezweifle ich, denn 45-Minuten-Einheiten sind doch was ganz anderes als 3-Minuten-Clips mit 50 Schnitten .
Ich denke, Nachhaltigkeit verliert immer mehr an Wertschätzung. Vielleicht ist eher unsere "Prüfungskultur" schuld: Bei uns an der Realschule werden in vielen Fächern ( v.a. Lernfächern) nur noch Stegreifaufgaben geschrieben, die sich vor allem auf den Stoff der letzten Stunde beschränken müssen ( mündliche Leistungserhebungen auch!). Damit provozieren wir ein Kurzzeitlernen, eine Betonung des schnellen Erfolges einen Verlust der Bemühungen über eine längere Zeit, denn das findet erst einmal keinen Niederschlag in der Note in der nächsten Stunde. Und dann muss man ja auch noch juristisch abgesichert sein; ich muss nachweisen, wann und wie über was ich ausgefragt habe und dass ich das auch wirklich in der Vorstunde behandelt habe ( also Hefteintrag, also reproduzieren, also pures Nachplappern ohne Verständnis, also keine Bereitschaft zur Selbsttätigkeit).
Diese Verrechtlichung der Schule ist ja einerseits positiv, denn sie nimmt den wenigen schwarzen Schafen bei den Lehrern den Wind aus den Segeln, andrerseits verhindert sie natürlich leider auch ein problemorientiertes selbsttätiges Arbeiten, denn da sind Lernerfolge eben schlechter "lehrplankonform" dokumentierbar.
Als weitere Ursache ist sicher auch die ganz andere mediale Kultur? unserer Gesellschaft zu sehen. In der Generation der 60er und 70er waren die wichtigsten Medien noch die Druckmedien, die ein Lesen von vorne nach hinten ( mit geduld) erforderten.
Heute bestimmt man das Tempo oft nicht mehr selbst; die Fernsehbeiträge rauschen im vorgegebenen Tempo vorbei, ich kann nicht mehr zurückblättern und nachlesen . Und auch im Internet wird nur kurz auf die Seite geschaut, ob das was sein könnte und dann schnell weiter geklickt ( ich bin ja auch so ).
Viele schnelle Eindrücke, flüchtig, vorübergehend, ersetzen nachhaltige, selbst erarbeitete.
Und das wirkt sich auf Arbeitshaltung und Arbeitsbereitschaft aus.
rfalio |
 | Vermutungen/Beobachtungen |  | von: ishaa

erstellt: 12.02.2007 21:14:56 |
zur Frage, warum nimmt Leistungs- und Anstrengungsbereitschaft bei älteren Schülern ab, wobei ich mit älter auch schon Klasse 6 meine.
-Klassenlehrerprinzip? Nein, haben wir noch sehr stark an der HS und gerade hier nimmt Leistungsbereitschaft stark ab.
-Pubertät? Klar.
-Orientierung an Älteren: Bei uns sind in Klasse 6 manchmal schon 14jährige. Die haben z.T. schon "Karrieren" hinter sich, sind cool, an ihnen wird sich orientiert. Man stellt fest, dass das einfacher ist, als sich am Lob der Lehrkräfte zu orientieren, also bleibt man dabei. Besonders anfällig sind Jungen alleinerziehender Mütter, endlich mal ein nicht-weiblicher Orientierungspfosten. sage ich mal so als alleinerziehende Mama männlichen Nachwuchses...
Gibt bestimmt noch mehr, ich denk noch drüber nach... |
 | . |  | von: palim

erstellt: 12.02.2007 22:33:41 geändert: 12.02.2007 22:49:34 |
Ich bin etwas überrascht über die Kritik von Hugo.
Die von mir beschriebenen Schüler sind sicherlich Ausnahmen, aber ich finde es nach wie vor erschreckend, dass sowas vorkommt.
Ich bin sehr wohl informiert über meine Schüler - wären sie als Individuen mir egal, wäre ich gar nicht erst so gut informiert.
Gerade von Elternseite kommen doch immer die Ansprüche, wie toll die Kinder zu erziehen seien und warum sie mitte der 1. Klasse dieses, jenes und anderes nicht können. Natürlich sehe ich, dass viele Eltern ihre Kinder fordern und fördern - so gut sie es können und im Rahmen ihrer Möglichkeiten.
Meine Möglichkeiten finde ich extrem eingeschränkt durch vielerlei Dinge und Umstände. Ich hätte gerne mehr Möglichkeiten, mehr Zeit für jedes einzelne Kind und für alle zusammen, mehr Räume, mehr Material, mehr Ruhe, mehr Kraft...
und der Umkehrschluss ist nicht, dass ich mir keine Mühe machen würde, keine Möglichkeiten und Nischen nutzen würde und keine Kraft etc. hätte. Es reicht aber nicht für alle und alles ... und besonders für die wie auch immer Benachteiligten reicht es bei Weitem nicht.
Mir tut es außerdem gut, zu lesen, dass es anderen ähnlich geht. Dass andere mir sagen, dass ich wohl zu denen gehöre, die sich noch aufregen, die noch probieren, drüber reden, sich austauschen, suchen.
Andere haben resigniert, weil es seit Jahrzehnten an ihren Kräften gezehrt hat, weil von außen immer neue Zumutungen kamen oder weil sie für sich entschieden haben, dass sie den Kampf gegen die Windmühlen immer wieder verlieren mussten und müssen.
Ich frage mich, warum die Öffentlichkeit das als Gemeckere ansieht. Was muss passieren, damit mal wirklich hingesehen wird?
Wenn einem Arzt ein Kind wegstirbt oder große Schäden zurück behält, weil die Bedingungen im Krankenhaus unhaltbar sind, schreien viele auf. Wenn ein Richter jemanden unschuldig verurteilt oder ein falsches Maß wählt, oder jemand im Gefängnis misshandelt wird, gucken auch viele hin.
Wenn tagtäglich die Zustände in Schulen unhaltbar sind, dann sind es grundsätzlich die Lehrer, die unmotiviert und faul alle Kinder über einen Kamm scheren, es sich leicht machen, indem sie schlechte Noten verteilen und die Schuld nur den Eltern zuschieben.
Wenns so leicht wäre, hätte ich bestimmt auch nachmittags und abends frei.
Palim
############################################
Während ich diesen Beitrag schrieb, postete hugo den Beitrag direkt vor diesem. Darauf habe ich mich also nicht bezogen. |
 Beitrag (nur Mitglieder) |
|
|