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Forum: "Lehrer unter Druck"
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 | @ lupenrein |  | von: bakunix

erstellt: 14.01.2008 14:58:55 geändert: 14.01.2008 15:01:09 |
lupenrein, wenn wir schon dabei sind, empfehle ich eine weitere Lektüre, die das bestätigt, was frauschi geschrieben hat. Das Buch heißt
Jochen Krautz: Ware Bildung, Schule und Universität unter dem Diktat der Ökonomie, Diederichs-Verlag 2007, 250 Seiten
Ein Zitat erlaube ich mir aus diesem Buch hier zu dokumentieren. Krautz schreibt S. 93: „… dass sich die OECD [Zusammenschluss der 52 führenden Industrienationen] mit ihrer PISA-Studie anmaßt, einen eigenen Bildungsbegriff zu definieren, als normative Setzung den nationalen Bildungswesen überzustülpen und durch den Druck der Testergebnisse verbindlich zu machen. Sie greift damit undeklariert in hoheitliche Aufgaben, in die Selbstbestimmung der Bürger ein. Sie unterläuft nationale Curricula und sogar Verfassungen und etabliert unter Ausschaltung der wissenschaftlichen und öffentlichen Diskussion einen Bildungsbegriff, der weit entfernt ist von dem, was eigentlich legitimierter Konsens in unserem Staat ist.“
Die OECD verfolgt die wirtschaftlichen Interessen der Unternehmen und nimmt über Stiftungen (siehe Bertelsmann), Verbände und Lobby-Gruppen Einfluss auf die nationale und internationale Politik.
Auch wir Lehrerinnen und Lehrer sollten etwas weiter schauen als aus dem Fenster des Klassenzimmers. Dann würde einem klar werden, dass die externen Kontrollen, denen wir ausgesetzt werden, dass vermeintliche Bildungsbegriffe wie „Kompetenzen“, dass länderweite und länderübergreifende Schülertests über die Bertelsmann-Stiftung, die jährlich ca. 70 Millionen Euro Steuergelder erhält, in unseren Schulalltag eingeschleust werden.
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 | Und wie halten wir es mit dem Wecken der |  | von: lupenrein

erstellt: 14.01.2008 15:38:51 geändert: 14.01.2008 15:48:10 |
Begeisterung für technische Berufe, z. B. den Ingenieurberuf?
Ist es nicht vielmehr so, daß viele der Kolleginnen und Kollegen bewußt oder unbewußt über die Empfehlung zu Wahlpflichtkursen unsere angehenden Absolventen in eine Richtung drängen, die eher als technikfeindlich zu bezeichnen ist? Dann brauchen wir uns anschließend über eine zu geringe Anzahl von Jungingenieuren nicht zu wundern. Wir arbeiten ja ständig daran mit
Ist es nicht so, daß viele der Kolleginnen und Kollegen auf die veränderte Kindheit der ihnen anvertrauten SuS hilflos mit den alten "Beschulungsinstrumenten" reagieren?
Sollen wir uns doch freuen, daß uns ab und zu gesagt wird, daß Bildung und Ausbildung vor allem das Ziel verfolgen sollen, junge Menschen "gesellschaftsfähig" zu machen? Dies wohlverstanden auch in dem Sinn, daß sie auch in der Lage sind, auf der Grundlage ihrer Schulausbildung das Studium, die Berufsausbildung zu meistern, die sie in die Lage versetzen, die für ein selbstbesimmtes Leben nötigen finanziellen Mittel auch zu "verdienen"?
Entscheidend sind da im internationalen Wettbewerb nicht nur PISA etc., sondern vor allem gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiter in den Unternehmen sowie ein Klima, das "Entrepeneurship" fördert statt Lebensangst, ein Klima der Zukunftsängste und daraus resultierender Lebens - Untüchtigkeit.
Bildung ist eben keine Veranstaltung ohne die Anbindung an "den schäbigen Rest unserer Solidargemeinschaft", sondern soll wichtige Grundlagen für unseren Wohlstand legen bzw. erhalten. Ich finde es darum ganz sinnvoll, daß über Bildung nicht nur Menschen befinden, die "im eigenn Saft des Bildungswesens schmoren", sondern auch andere Bereiche dieser Gesellschaft, deren vitale Interessen von einem gut funktionierenden Schulwesen nicht unberührt bleiben, sondern im höchsten Maße abhängig sind. |
 | @ lupenrein |  | von: bakunix

erstellt: 14.01.2008 17:33:00 geändert: 14.01.2008 17:34:12 |
Die Bertelsmann-Stiftung lässt unter dem Stichwort „Entrepreneurship“ gerne den EU-Kommissar für Unternehmen und Industrie zu Wort kommen, der da sagt:
"Wir brauchen ein positiveres Image des unternehmerischen Denkens und Handelns in der Gesellschaft, insbesondere um die jungen Europäer darin zu ermutigen, die Unternehmer von morgen zu werden. Wir brauchen einen systematischen Ansatz um unternehmerisches Denken und Handeln auf allen Bildungsstufen, von der Grundschule bis zur Universität, zu schulen."
Und das ist das bertelsmann’sche Selbstverständnis: Mit Steuergeldern an den gewählten Institutionen des Volkes vorbei, hinein in die Schulen eine affirmative Haltung zu den Neocons entwickeln. Dazu stehen Dutzende Professoren bereit, die auf der Gehaltsliste von Bertelsmann stehen und bereitwillig die entsprechenden wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Besten geben. Dafür stehen auch unzählige Politiker, die sich gerne in die heiligen Bertelsmann-Hallen einladen lassen und auf Kongressen diesen eingekauften Wissenschaftlern Gehör schenken.
Bei Bertelsmann wird dieser Sachverhalt euphemistisch so formuliert: „Es liegt auf der Hand, dass der Weg zu einer unternehmerischen Gesellschaft nur über die junge Generation führen kann. Da sich Einstellungen und kulturelle Bezugspunkte in einem sehr frühen Alter herausbilden, müssen gerade in dieser Phase unternehmerische Tugenden und Fähigkeiten adäquat vermittelt und unternehmerisches Denken und Handeln gefördert werden.“
Trotzdem wird klar, was die Bertelsmann-Stiftung will: Die Ideologie vom freien Unternehmertum verbreiten, das in seiner schrankenlosen Wirkung das beste Resultat für den Wohlstand aller bringen würde, und das soll schon in der GS in den Köpfen der Kinder verankert werden. Deshalb, so die Schlussfolgerung, müssten auch die Schulen entsprechend konzipiert werden. Am besten geführt von einem „Schulmanager“, der in anderen Bildungseinrichtungen die Konkurrentinnen sieht, sich mit Einwerbung von Spenden besser stellt und sich das Schulpersonal, ausgestattet mit Zeitverträgen, selbst aussuchen kann, damit „Nieten“ unter dem Lehrkörper ausgesondert werden können.
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