Im Studium war es bisher so:
"Der Professor läßt ausrichten: Blabla und blabla waren Blödsinn und werden aus der Bewertung herausgenommen. Die Punktzahl ändert sich dementsprechend von 184 auf 167. Die Noten wurden entsprechend bemessen."
oder
"Der Professor hat sich jede Klausur angesehen und entschieden, daß die Grenze für das Bestehen auf Grund des hohen Schwierigkeitsgrades, der nur von einzelnen akzeptabel gemeistert worden ist, von 40% auf 23% entschärft wird. Die Glockenkurve wurde entsprechend verschoben."
Vollkommener Blödsinn also, Leuten, die es ziemlich versaut (aber eben nicht total versaut) haben, sozusagen einen Freiversuch einzuräumen.
Zu einem sinngebenden, gerechten, durchdachten und realistischen Abschluß gehört es immer auch dazu, neben den schwergewichtigen Vorleistungen die finalen Zensuren durch eine ebenso schwergewichtige Prüfung zu ermitteln, so daß von den Schülern unter Beweis gestellt werden muß, daß aus dem Stehgreif Leistung kommt.
Und daß man eben nicht immer zuhause gesessen hat, wo man feinsinnig eine Aufgabe bis ins letzte Detail zurechtschleifen konnte, um den Abstand zu anderen zu minimieren.
Verständnis, Methodik, Anwendung mittels Denkkraft in Zusammenhängen darzulegen kann eben auch darin resultieren, daß jemand böse abstürzt in den Noten. Das muß so sein, das gehört dazu, umgekehrt ist das schließlich die gewaltige Chance einer Prüfung.
Einen solchen Affentanz wegen ein paar Leuten aufzuführen, die eben 'mal danebengegriffen haben, ist lächerlich.
Abschluß hin oder her - natürlich sind gute Noten im Zeugnis überaus wichtig, denn danach wird harsch ausgewählt. Unzureichende Leistungen bewirken den sofortigen Wurf in den Mülleimer, oder die Nichtzulassung zu einem Studium oder, oder, oder.
Womit wir allerdings wieder beim Punkt wären [evilgron]:
- Zuviele Kinder, die nicht das entsprechende Leistungsniveau haben, verweilen auf dem Gymnasium
- Zuviele Kinder erwerben das Abitur, welches ohnehin schon im Niveau bröckelt
- Die Studienanfängerquoten der meisten Studiengänge sind falsch verteilt; Deutschland hat nicht zuwenig Gymnasiasten, sondern eher zuviele, jedoch beginnen viel, viel, viel zuviele Abiturienten das falsche Studium gemessen am Wissensbedarf der Gesellschaft
- Zuwenige Kinder wachsen mit dem nötigen Leistungsprinzip auf und werden sich zu spät gewahr der Tatsache, daß es ja zensurenmäßig um den Abschluß - und die mittelbare Zukunft - geht
- Zuviele Menschen in Deutschland überschätzen den zweiten Bildungsweg
Was also dort in NRW läuft, ist der pure Beweis für eine extreme Verteilungsschieflage samt den daraus resultierenden Kämpfen und dem Auseinanderklaffen von Bedürfnissen, Wünschen, Anforderungen, Niveau, Leistungsprinzip und Zugangsrestriktionen zu einem höheren Abschluß.
Ein Affentheater.
Es ist ja nicht so, daß es in ganz NRW nur 5en und 6en als Benotung gegeben hätte. Stattdessen schimpfen die Leute auf die unglaublich dummen aber in Wirklichkeit nicht besonders schwerwiegenden Fehler des Ministeriums, die außerstande waren, bei mehreren verschiedenen Aufgaben genügend Punkte zusammenzutragen, um eine akzeptable Note zu erreichen.
Als Reaktion zieht man sich nun an den Dummheiten des Ministeriums hoch, als ob der Weltuntergang daran hinge; also daß es nur an ausgerechnet den paar textlichen Aussetzern liegen würde, daß reihenweise Superbegabte von einer unbestrittenen 1+ gleich auf eine 5 gefallen wären.
Das Ministerium hat sich nicht überlegt, was es mit dem blinden Nachschreibeaktionismus für eine Tür aufgestoßen hat.
Es wird niemand wegen ein paar Notenpunkten weniger unter der Brücke landen. Außerdem fragt sich der Zyniker in mir: Wozu gibt es Wartesemester?
Das Abitur als Meßstein ist im Norden sowieso noch nachholebedürftig, was Qualität und Schwierigkeitsgrad anbelangt, und Länder wie Thüringen, Sachsen, BaWü und Bayern werden benachteiligt. Was soll man also von Zeitungsberichten halten, in denen sich Schüler beklagen, daß sie von 1,9 heruntergepurzelt sind und höchstens noch 2,3 oder 2,4 schaffen.
Wahnsinn, den Weltuntergang habe ich mir immer anders vorgestellt. Da hat mich wohl das profane, larmoyante Denken der gegenwärtigen Gymnasiasten längst überholt, welche das Ende aller Dinge hinter einer allgemeinen Hochschulreife des Prädikats "noch 2" vermuten.