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Forum: "gymnasiallehrer und pädagogik???"
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| . | | von: palim
erstellt: 30.10.2010 08:46:52 |
Ich denke, dass mit Kindern, die aus der Norm fallen, viele Lehrkräfte Probleme haben.
An allen Schulen fallen mir Beispiele ein.
Da werden in der Grundschule Kinder quasi rausgeekelt oder (vor der Klasse) so schlecht gemacht, dass sie in ihren Leistungen nachlassen und letztlich zur Förderschule überprüft werden ... und natürlich auch genommen werden (aber das ist ein anderes Thema).
Da sind Kinder, die eine Hauptschul-Empfehlung haben und recht schwach sind, so dass ich in dieser Woche an der (neu gegründeten) IGS hören musste: "Die sind hier nicht gut aufgehoben, vielleicht sollten sie lieber zur Hauptschule gehen".
An der gleichen Schule gab es zudem einen weiteren Kommentar, der mich zweifeln lässt:
An der Grundschule geben wir uns viel Mühe über 4 Jahre die Kinder zu begleiten und gemeinsam eine Empfehlung für die weitere Schullaufbahn zu finden, die nicht allein aus Notendurchschnitten besteht (in Niedersachsen).
Die IGS wählt aber nun genau nach 3 Noten ihre Schüler und wirft uns anschließend vor, wie es sein könne, dass Kinder mit einem Durchschnitt von 2,3 eine Realschul- oder Gymnasial-Empfehlung hätten.
Gleichzeitig wird über Integration und Inklusion gesprochen. Die Bedingungen, zu denen diese in Schule umgesetzt werden soll, sind denkbar schlecht meiner Meinung nach.
Hinzu kommt aber auch, dass man den Umgang mit Schülern, die "anders" sind, auch lernen muss und wir uns in vielen Fällen ganz schon umschauen oder umstellen müssen.
Learning by doing wird sicherlich angesagt sein, wünschenswert wäre aber, wenn es dazu Ausbildung und Fortbildung gäbe, die das Wort auch wirklich verdient. Also eine Fortbildung, in der man etwas lernen und nicht nur die Zeit absitzen kann.
In dieser Woche sagte auch ein Lehrer, dass niemand genau wisse, wie Innere Differenzierung aussehen soll. Selbst auf Fortbildungen würde man dazu nie wirkliche Aussagen bekommen.
Sicherlich gibt es ein Methodenrepertoire, was die Innerde Differenzierung in Teilen ermöglicht. Wirklich schwachen und besonders guten Schülern oder denen, die "anders" sind ohne jegliche weitere Förderstunde zu helfen, ist auch für mich ein Rätsel.
Trotzdem kann ich Skoles Anfrage nachvollziehen und denke, dass vieles an der Einstellung liegt, wie man SchülerInnen und Schule sieht.
Und bei manchen - nicht nur bei GymnasiallehrerInnenen - muss man wirklich mit dem Mikroskop nachschauen, um pädagogisches Handeln finden zu können.
Palim |
| SekII-Lehrer | | von: missmarpel93
erstellt: 30.10.2010 09:14:00 |
Ich betrachte an meiner Gesamtschule (IGS) die Referendare (nicht LAA) und höre mir ihre Gespräche über das Hauptseminar, in dem sie mit anderen Referendaren, die an Gymnasien eingesetzt sind, zusammen ausgebildet werden, an. Unsere Referendare sind jedes Mal überrascht wie groß die Unterschiede zwischen den Schulformen sind und dass von ihnen erwartet wird, wesetlich stärker pädagogisch zu arbeiten, und dass sie auch wesentlich stärker angeleitet werden, um pädagogisch arbeiten zu können, als das an den Gymnasien der Fall ist.
Wenn sich hier jemand wundert, dass an einer IGS geäußert wird, dass ein bestimmter Schüler besser an einer Hauptschule aufgehoben ist, dann kann ich nur antworten, dass ich dies selbst schon empfohlen habe. Es gibt bestimmte Schüler, die mit den Bedingungen einer IGS hinsichtlich Kurssystem und Fachlehrerunterricht deutlich überfordert sind und denen eine engere Führung durch das an der Hauptschule geltende Klassenlehrerprinzip gut tut. IGSen erforden von ihren Schülern ein hohes Maß an Selbstständigkeit und "Selfmanagement", die trotz Förderung nicht alle SuS am Ende der 5. Klasse erreichen. Ab der 6. setzt in NRW leider schon die Neigungsdifferenzierung ein und die Leistungsdifferenzierung ab der /. bzw. 8. Klasse. Da gehen einige Schüler leider unter und andere nutzen die Unübersichtlichkeit "infam" aus (Ich war ja da, aber ich habe meinen Kurs nicht gefunden. ==> Übersetzt: Ich war ohnehin zu spät und wollte nicht wieder angemeckert werden, deshalb bin ich in die Mediothek oder das Bistro gegangen.) |
| Was missmarpel | | von: janne60
erstellt: 30.10.2010 10:54:24 |
über die Refs berichtet, kann ich in ähnlicher Weise bestätigen. Zu mir kommen hin und wieder Gym.-Studenten, die ein Orientierungspraktikum absolvieren müssen (an einer Schulform, die sie später nicht unterrichten), in meinem Fall also GS. Alle, wirklich alle dieser Studenten betonen die Wichtigkeit der Pädagogikausbildung, bemängeln das Fehlen derselben an der Uni und staunen darüber, welch starkes Gewicht die pädagogische Arbeit neben der fachlichen hat.
Und hier denke ich wie skole: Warum wird plötzlich Pädagogik unwichtig und nur noch Fachwissen zählt? Das ist doch später auch noch schlimm genug. Meine Tochter stöhnt aktuell über einen Prof an der Uni, der fachlich sicherlich sehr beschlagen ist, aber zum Erbrechen unfähig, seinen Stoff zu vermitteln. Selber merkt man es, wenn man in einer Fortbildung sitzt, wo der Referent nicht pädagogisch ausgebildet (oder zumindest begabt) ist: ein verlorener Tag.
Nur: Der Schaden am Lernenden ist umso größer, je jünger dieser ist, deshalb stellt sich für mich eigentlich die Frage ganz anders: Warum wird nicht JEDER, der irgendwann lehren möchte, zuerst in Pädagogik unterrichtet?
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| @missmarpel93 | | von: petty1412
erstellt: 30.10.2010 15:11:30 |
"Hängt die Frage der Schulempfehlung für die weiterführenden Schulen - gleiche Intelligenz vorausgesetzt - weniger von den fachlichen Kompetenzen als dem Grad der Selbständigkeit und der Fähigkeit sich angemessen zu organisieren ab?"
Du schreibst schon: "gleiche Intelligenz vorausgesetzt". Ich denke, dass ist der eine Punkt der Diskussion.
Bei unterschiedlicher Intelligenz erübrigt sich die Frage wohl, dann sind unterschiedliche Empfehlungen wohl gerechtfertigt.
Bei gleicher Intelligenz fällt mir ein, was einer meiner Kollegen sagt, wenn wir jemanden mit gymnasialer Empfehlung an der IGS haben: "Dann muss was anderes im Argen liegen (wenn die dann nicht aufs Gymnasium gehen)"
Und so ähnlich ist es wohl auch mit denen, die zwar intelligenzmäßig aufs Gymnasium gehören würden, aber nur Realschulempfehlung bekommen.
Bei denen vermute ich nämlich, triffst du mit deiner Vermutung der schlechteren Selbstorganisation ins Schwarze. Das sind dann die, die entweder in der Pubertät (oder kurz danach) "die Kurve kriegen", oder das Abitur dann auf dem zweiten Bildungsweg nachmachen.
Aber wie kann man dem entgegensteuern?
Die Gymnasiallehrer pädagogisch besser ausbilden, dass sie solchen Entwicklungsverzögerungen besser ausgleichen können?
Aber werden dann nicht die Gymnasien überlaufen, weil alle Eltern, die ihr Kind nur irgendwie aufs Gym bringen wollen, eine solche Entwicklungsverzögerung anführen würden?
Das gibt einen Rattenschwanz an Fragen und Überlegungen, die mir dazu einfallen, dann schreibe ich morgen noch daran. Aber interessant ist diese These schon.
Ich bin mal gespannt, was ihr anderen dazu sagt. Oder sollen wir dazu ein neues Thema aufmachen, weil es zu weit vom Eingangsthema abweicht?
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