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Forum: "Kinder im Lokal"
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| Gluckensyndrom | | von: fruusch
erstellt: 02.06.2013 10:24:56 |
Das ist ein sehr interessanter Aspekt. Es wurde ja sogar angeblich schon nachgewiesen, dass in Anwesenheit der Eltern prozentual mehr Unfälle passieren als ohne Eltern. Die Kinder verhalten sich dann anders. Sie werden durch die steten Ermahnungen, doch ja vorsichtig zu sein, aus ihrer Konzentration gerissen. Und sie überlassen unbewusst den Sicherheitsgedanken ihren Eltern, anstatt sich selbst mal Gedanken zu machen, ob es wirklich Sinn macht, über einem Abgrund zu balancieren. Sie streiten auch anders, weil dann ja die Eltern für die Schlichtung verantwortlich sind.
Extrem lärmende und nervende Kinder brauchen einfach eines: Aufmerksamkeit. Und die müssen sie zuvorderst von ihren Eltern bekommen, da sind nicht die anderen Gäste im Lokal für verantwortlich. Ich kann darum gut verstehen, dass lärmende Kinder andere Leute stören können. Wenn ich am Schreibtisch sitze, und die Kleine kommt alle 5min reingestürmt, bin ich schließlich auch irgendwann genervt.
Die Eigenschaften, auf die es im Umgang miteinander immer ankommt, sind Toleranz und Rücksichtnahme. Toleranz heißt in diesem Fall, dass Kinder auch mal einen Moment lang laut sein dürfen, ohne dass gleich mit der öffentlichen Steinigung begonnen wird. Rücksichtnahme heißt in diesem Fall, dass Kinder eben nicht überall so laut sein dürfen wie sie wollen, sondern auch lernen müssen, dass Freiheit immer mehr oder weniger enge Grenzen haben muss, weil sie sonst gar nicht als Freiheit empfunden werden kann. |
| was missmarpel | | von: janne60
erstellt: 02.06.2013 13:06:07 geändert: 02.06.2013 13:07:02 |
schreibt, gefällt mir: Kinderhaben = geplantes Projekt!
Damit sind viele Verhaltensweisen erklärt: Mein Projekt ist der Nabel der Welt, mein Projekt ist das Beste, Tollste und Klügste von allen, mein Projekt darf, weil es so wichtig ist, jederzeit, immer und überall reinplatzen, stören und sich sonstwie bemerkbar machen (by the way: Auch so ein Phänomen der Neuzeit: SchülerInnen, die ständig ins Lehrerzimmer platzen wegen HÜHNERKRAM! Früher hätte man sich das noch nicht mal mit dem Kopf unterm Arm getraut).
Mein Projekt soll sich natürlich auch frei entfalten, deshalb gebe ich mal lieber nicht so viele Regeln vor, und wehe dem, der das ungefragt tun will.
Erziehung ist letzten Endes doch was Feines, und ich weiß ehrlich nicht, warum sie heutzutage so in Vergessenheit geraten ist |
| Schlimme Entwicklung | | von: ivy81
erstellt: 02.06.2013 13:44:12 |
"Hinzu kommt etwas anderes, das Gluckensyndrom. Früher wurden die Kinder nach dem Essen im Restaurant ganz einfach nach draußen geschickt zum Spielen. Die waren meist glücklich erkundeten die Umgebung und kamen nur ins Restaurant zurück, wenn sie Hilfe brauchten, weil einer nicht mehr vom Baum runterkam oder sich verletzt hatte.
Heute ist das alles viel zu gefährlich. Was da alles passieren kann. Und so werden die Kinder in ein Korsett gepresst, aus dem sie versuchen auszubrechen. Würde ich als Kind auch wollen."
Die von dir beschriebene Entwicklung ist etwas, das ich auch sehr kritisch sehe. Im Umkehrschluss zum Gluckensyndrom wird man als Nichtglucke nämlich ständig schief angeschaut, als Rabenmutter hingestellt oder man bekommt endlose Vorträge darüber, was denn alles passieren kann. Interessanterweise gerne auch von Leuten aus Generationen, die mit Sicherheit nicht ständig um ihre Kinder herumgewuselt sind. Die scheinen nämlich davon überzeugt zu sein, dass die Welt heute so unglaublich gefährlich geworden ist, dass man Kinder keine Minute mehr aus den Augen lassen kann.
Wenn mein Kleiner Mittagsschlaf macht und ich währenddessen das Haus verlasse, bin ich wohl eine unverantwortliche Person, die das Kindeswohl extrem gefährdet. Oder?
Wenn ich meine Dreijährige allein 100m die Straße runter zu ihrer Freundin laufen lasse (hier fährt nur etwa alle 2 Stunden mal ein Auto durch), dann wird sie sicher entweder entführt oder überfahren. Oder?
Wenn ich meine Kinder für 20 Minuten allein im garten spielen lasse um zu kochen, muss ich bestimmt hinterher den Sanka rufen oder schlimmeres. Oder?
Als ich Kind war, war das alles normal, jetzt ist es plötzlich ein Drama. Kinder sind meiner Erfahrung nach selbstbeaufsichtigend. Wenn man sie machen lässt. Das ist leider aber nciht so. Wenn ich meine Kinder im Biergarten allein sausen lasse und nicht permanent beaufsichtige, fühlt sich mit Sicherheit schnell eine andere Mutter dazu genötigt, sich um die armen vernachlässigten Gören zu kümmern und sie zu erziehen. Tja, das ist dann ihr Problem, nicht meines. Nur wenn dann diese Mutter meint, mir einen Vortrag darüber halten zu müssen, wie ich mich zu verhalten habe, dann nervt mich das gewaltig und wenn meinen Kindern erklärt wird, sie dürfen nicht auf den Baum klettern etc., weil das "was passieren" kann, dann stört mich das auch. |
| Altbekannt, | | von: klexel
erstellt: 02.06.2013 14:43:46 |
aber hier passt es wieder:
Eine Generationengeschichte
Wenn du nach 1978 geboren wurdest, hat das hier nicht mit dir zu tun ... Verschwinde! Kinder von heute werden in Watte gepackt ...
Wenn du als Kind in den 50er, 60er oder 70er Jahren lebtest, ist es zurückblickend kaum zu glauben, dass wir so lange überleben konnten! Als Kinder saßen wir in Autos ohne Sicherheitsgurte und ohne Airbags. Unsere Bettchen waren angemalt in strahlenden Farben voller Blei und Cadmium. Die Fläschchen aus der Apotheke konnten wir ohne Schwierigkeiten öffnen, genauso wie die Flasche mit Bleichmittel. Türen und Schränke waren eine ständige Bedrohung für unsere Fingerchen. Auf dem Fahrrad trugen wir nie einen Helm. Wir tranken Wasser aus Wasserhähnen und nicht aus Flaschen. Wir bauten Wagen aus Seifenkisten und entdeckten während der ersten Fahrt den Hang hinunter, dass wir die Bremsen vergessen hatten. Damit kamen wir nach einigen Unfällen klar. Wir verließen morgens das Haus zum Spielen. Wir blieben den ganzen Tag weg und mussten erst zu Hause sein, wenn die Straßenlaternen angingen. Niemand wusste, wo wir waren, und wir hatten nicht mal ein Handy dabei!
Wir haben uns geschnitten, brachen Knochen und Zähne, und niemand wurde deswegen verklagt. Es waren eben Unfälle. Niemand hatte schuld, außer wir selbst. Keiner fragte nach "Aufsichtspflicht". Kannst du dich noch an "Unfälle" erinnern? Wir kämpften und schlugen einander manchmal bunt und blau. Damit mussten wir leben, denn es interessierte den Erwachsenen nicht.
Wir aßen Kekse, Brot mit Butter dick, tranken sehr viel und wurden trotzdem nicht zu dick. Wir tranken mit unseren Freunden aus der Flasche und niemand starb an den Folgen. Wir hatten nicht: Playstation, Nintendo 64, X-Box, Videospiele, 64 Fernsehkanäle, Filme auf Video, Surround-Sound, eigene Fernseher, Computer, Internet-Chat-Rooms. Wir hatten Freunde. Wir gingen einfach raus und trafen sie auf der Straße. Oder wir marschierten einfach zu deren Heim und klingelten. Manchmal brauchten wir gar nicht klingeln und gingen einfach hinein. Ohne Termin und ohne Wissen unserer gegenseitiger Eltern. Keiner brachte uns und keiner holt uns ... Wie war das nur möglich?
Wir dachten uns Spiele aus mit Holzstöcken und Tennisbällen. Außerdem aßen wir Würmer. Und die Prophezeiungen trafen nicht ein: Die Würmer lebten nicht in unseren Mägen für immer weiter, und mit den Stöcken stachen wir nicht besonders viele Augen aus. Beim Straßenfußball durfte nur mitmachen, wer gut war. Wer nicht gut war, musste lernen, mit Enttäuschungen klarzukommen. Manche Schüler waren nicht so schlau wie andere. Sie rasselten durch Prüfungen und wiederholten Klassen. Das führte nicht zu emotionalen Elternabenden oder gar zur Änderung der Leistungsbewertung.
Unsere Taten hatten manchmal Konsequenzen. Und keiner konnte sich verstecken. Wenn einer von uns gegen das Gesetz verstoßen hat, war klar, dass die Eltern ihn nicht aus dem Schlamassel heraushauen. Im Gegenteil: Sie waren der gleichen Meinung wie die Polizei! So was!
Unsere Generation hat eine Fülle von innovativen Problemlösern und Erfindern mit Risikobereitschaft hervorgebracht. Wir hatten Freiheit, Misserfolg, Erfolg und Verantwortung. Mit alldem wussten wir umzugehen. Und du gehörst auch dazu.
Herzlichen Glückwunsch! |
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