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Forum: "Gemeinsame Schule für alle von der 1. bis zur 8. Klasse?"
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| vergleiche hinken | | von: rfalio
erstellt: 08.05.2005 19:52:04 |
wenn wir uns mit Pisa - Führern vergleichen, dürfen wir manches nicht außer Acht lassen:
- sehr kleine Klassen ( Finnland)
- sozialpädagogische Betreuung schwieriger Schüler ( Finnland)
- Leistungsdruck und extreme Nachhilfe ( Japan und Korea)
- Ansehen der lehrer in der Gesellschaft ( keine "faulen Säcke)
Und vieleicht eines noch: Die Leute, die in Bayern die Hauptschule zur "Restschule" herabgeredet haben, waren zu großen Teilen Mitglieder des BLLV, der Interessenvertretung der Grund- und Hauptschullehrer.
Wenn ich als Realschullehrer (übrigens keine Eingangsklassse über 30 Schüler) so in die Klasse gehe = "ihr habt´s nicht auf´s Gymmi geschafft", dann färbt das sicher ab auf meine Schüler!
Ich bin jetzt boshaft, aber wird die Situation besser, wenn innerhalb der Klasse das Leistungsgefälle noch größer ist?
Wichtig wäre vernünftige PR. Die hauptschule bei uns am Ort hat eine Berufsmesse veranstaltet: Schüler luden Betriebe ein und stellten sich und ihre Fähigkeiten vor. Es war ein großer Erfolg. Redet euch doch nicht künstlich klein, das bleibt in der Öffentlichkeit schnell hängen !
Oder ein anderes Beispiel: Warum wird in Deutschland die Meisterprüfung nicht mit einem akademischen Grad versehen ( wie in manchen anderen Ländern)? Da sind die Möglichkeiten, auch unseren "Restschülern" Chancen aufzuzeigen; nicht im blinden Kopieren anderer Schulsysteme, wozu einfach im Moment das Geld fehlt. Statt momentan unfinanziertbarer Schwärmereien machen wir doch das Beste aus dem, was wir haben!
Und jetzt warte ich auf das Aufheulen . |
| Pisa-Vergleiche | | von: elefant1
erstellt: 08.05.2005 22:27:28 |
hinken immer dann, wenn es einem am besten in den Kram passt;
- die Hauptschule wird nicht von uns (wer sind Wir?) schlecht geredet, sondern jeder engagierte L muss sich mit den Ergebnissen dieser Super-bildungspolitik herumschlagen; (leichter ist es allerdings schon, alle, die unbequem sind, nach unten durchzureichen)
- nicht die Lehrkräfte machen die Schüler fertig (nach dem Motto-ihr seid die Versager)-was ist das für eine Unterstellung-, sondern wir müssen die Schüler, die mit diesem Problem zu uns kommen wieder aufbauen;
- ich wäre froh, um jedes Leistungsgefälle in der Klasse, statt permanent das Niveau zu senken, um überhaupt noch Leistungen zu erzielen
- Vorzeige-Hauptschulen und PR-Aktionen kennt jeder (das lernen Schulleitungen schon in ihren Führungsseminaren, wie wichtig die positive Außendarstellung ist), trotzdem ist die Wirklichkeit eine andere; ich betreue jetzt seit 20 Jahren regelmäßig Betriebspraktikanten und besuche die entsprechenden Arbeitskreise Schule-Wirtschaft; (Zitat: wir nehmen schon lange keine HS mehr,...und das fast überall auch in traditionellen HS-Abgänger-Berufen)Wer mir dann noch was von guten beruflichen Chancen der Hauptschüler ganz zu schweigen von denen der Hauptschülerinnen erzählt, weiß wenig von unserer täglichen Arbeit (vier Wochen vor dem Quali haben mal gerade 1/3 eine Lehrstelle und unser Landkreis boomt)
War das jetzt genug Aufgeheule?!
Meine Utopie ist, dass nicht mehr einzelne Lehrergruppen und ihre entsprechenden Interessenvertretungen aufeinander losgehen und ihre eigenen Süppchen kochen, sondern dass wir uns gemeinsam für Verbesserungen einsetzen und dazu gehört als Minimalforderung eine gemeinsame (aber wirklich echte und nicht vorsortierende) Schulzeit bis zur sechsten Klasse, wobei mir 1-8 noch lieber wäre; und in diesem Punkt gebe ich sopaed voll und ganz Recht; es gibt wenig Erhellendes über den Sinn von drei bis sieben-gliedrigen Schulsystemen;
ich muss hier wieder die finnische Rektorin zitieren, die mich in eimen Interview kurz nach der PISA-Studie schwer beeindruckt hat:
Ihr Deutschen habt Schulen, sortiert die Schüler oder sucht euch die Schüler die zu euch passen, die anderen schickt ihr weg; wir holen unsere Schüler da ab, wo sie stehen und versuchen sie bestmöglich zu fördern; wenn sich jeder Bildungspolitiker und so mancher Kollege, der um seine homogene (gibt es die)Klasse Angst hat, eine solche Einstellung zulegen könnte, wäre schon viel gewonnen;
Weiterhin eine spannende Diskussion
Liebe Grüße
elefant1
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| Getrennte Lebenswelten | | von: ishaa
erstellt: 08.05.2005 22:40:15 |
sind es, die wir mit unserem Schulsystem immer weiter zementieren. Kinder und Jugendliche sind sehr lange und in einem sehr prägenden Alter in der Schule. Und schon da wird ihnen ein Teil der Welt vorenthalten. Meine HauptschülerInnen bekommen nicht mit, dass Menschen freiwillig Bücher lesen, dass viele ein Musikinstrument lernen, dass es Menschen gibt, die gar kein Handy haben möchten und denen es nicht so wichtig ist, was auf den Klamotten steht, die sie am Leibe haben. Und die Gymnasiasten (das erfahre ich manchmal durch Freunde meines Sohnes) halten Hauptschüler schlicht für "Asis" und haben keine Ahnung davon, mit welchen Problemen Gleichaltrige sich 'rumschlagen müssen. Überlegt euch mal, was das für eine Bedeutung für's ganze Leben bekommt. "Die" und "wir" für immer ???
Hoffnung auf Änderung habe ich wenig. Schaut euch doch die Zahlen an. (Ich beziehe mich hier erst mal auf NRW.) Eltern von Gymnasiasten und Realschülern lassen sich gerne vom Buhruf "Einheitsschule" verschrecken.. Und sie sind die absolute Mehrheit. Politiker, die nach derselben gieren, was werden sie wohl tun? Und dann überlegt mal ganz prakisch, bei euch, in eurem Ort. Ab sofort? Welche Gebäude, welche Kinder mit welchen Lehrern? Das erfordert einen so großen Wurf, ein solch großzügiges Denken und Planen jenseits aller Machbarkeiten und Besitzansprüche. Ich seh's nicht, tut mir leid. Ähnlich wie bei umweltpolitischen Fragen vergessen lieber alle alles, was sie wissen und lassen erst mal alles wie es ist und flicken am System und behalten immer schön den nächsten Wahltermin im Auge.
ishaa (frustriert) |
| @rfalio, weiter oben - und @all sowieso ;-) | | von: thomas
erstellt: 08.05.2005 23:09:45 geändert: 08.05.2005 23:23:55 |
Einstein und Co habens trotzdem geschafft, nicht weil
Bayern war bei PISA auch deswegen so gut, weil sie gar nicht alle 15jährigen getestet haben wie andere Bundesländer...
allgemein: das soziale, was ishaa anspricht, find ich ganz wichtig: es sind einmal die Vorurteile, die so in den verschiedenen Gruppen schon in der SChulzeit gegeneinander entstehen
es sind auch die eingeschränkten Freundeskreise, die unzureichende Kenntnis eines - des? - jeweils anderen Teiles der Gesellschaft
(ich könnt mir vorstellen, dass das vielen nicht unlieb ist)
es entsteht ein stark ausgeprägtes Standesdenken - wozu soll das aber gut sein? Oder anders: Wem nützt es?
@elefant1: ja, recht hast du - und wieder: Wozu soll dieser Druck, dem Kinder schon in der Grundschule ausgesetzt sind, gut sein? Weil das auf die Gesellschaft vorbereitet? Das kanns doch nicht sein...
Schule als Ort der Zuteilung von Lebenschancen??? Das haben wir jetzt... - und das ändert sich auch nicht, wenn es einen gemeinsamen Unterricht bis zur sechsten Klasse gibt - das ist Kosmetik, aber keine Idee oder Veränderung.
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