ich erwähnte ja schon, dass einigen wahrscheinlich nicht gefällt, was ich da zur Beruhigung der Situation angeleiert habe. Zunächst haben wir die Sitzordnung so verändert, dass die wenigen Kinder, die sich gar nicht unter Kontrolle haben, mehr für sich sind (schön gesagt, nicht wahr ) Dann habe ich der Klasse ein Aufgabenblatt zum Thema "Arbeitsanweisungen verstehen und ausführen" gebastelt. Es gibt hier sowas in ganz schwer für größere auf 4-teas. Ich hab' eher so was nach dem Motto "Schlage dein Deutschbuch auf Seite sowieso auf und schreibe aus dem Text oben auf der Seite 5 Wörter mit XY in Zeile 6 - 10 deines Blattes untereinander jeweils an den Beginn der Zeile" etc. gebastelt. Ich habe vorher klargestellt, dass man ausnahmsweise nix fragen kann, und wenn man irgendwas nicht hat, dann kann man die entsprechende Aufgabe halt nicht machen. Und sie waren total heiß drauf, waren emsig wie nie und konnten hinterher ganz doll gelobt werden, dass sie das ja eigentlich fast alle total gut können. Problem war nämlich, dass alleine das Aufschlagen einer bestimmten Seite in einem Buch mit allen Störungen durchaus 15 Minuten in Anspruch nehmen kann.
@miro: Was du beschreibst, liebe ich auch. Ich lasse jeden Unterrichtsstoff sausen (nun ja, in der letzten Stunde vor einer Arbeit nur wenn ganz aktuell persönlich wichtig für die SchülerInnen....), wenn ein Thema auftaucht, mit dem sie sich wirklich beschäftigen möchten (und zwar mehr als zwei oder drei).
Ich strebe keine "Apathie" an, rolf, aber Situationen, die meine Schüler, meine Kollegin und ich miteinander erleben können, ohne dass wir vor lauter Stress Bauch- und Kopfweh bekommen.
Wenn ich von Kindern rede, die sich nicht in der Gewalt haben, dann sind das z.B. ein Schüler, der ununterbrochen andere nieder macht, nach JEDER Schüleräußerung Kommentare wie "Unakzeptabel", "Bist du bescheuert?", "Lern erst mal richtig Deutsch" äußert, der seine Klassenarbeiten zerreißt und zu seinen Lehrerinnen auf Ermahnungen hin sagt "Halt die Schnauze". Zu seinen Erzieherinnen in dem Heim, in dem er lebt, sagt er noch ganz andere Dinge.
Dieses Kind hat die letzte Woche im 10. Schuljahr verbracht und dort für sich Aufgaben erledigt. Auch das war gut für die Klasse.
Ein anderes Kind bekommt totale Aggressionsschübe, mittlerweile jeden Vormittag ca. zweimal und muss dann wirklich oft von zwei Kollegen weggetragen werden, weil er absolut blind um sich schlägt und auch schon mal kopflos vom Schulgelände läuft. Hätten wir wenigstens einen Sonderpädagogen oder Sozialarbeiter oder Psychologen oder sowas, der diesen Kinder eine Auszeit gewähren könnte, dann wäre das schon anders. Wir lassen dauernd die Klasse alleine und die läuft dann Amok.
Wir haben diese Klasse genauso mit offenen Armen empfangen wie alle unsere 5er, uns hat nicht interessiert, was vorher war, wir haben den Kindern ein freies Arbeiten angeboten, sind gleich zu Beginn mit ihnen in den Wald gegangen, haben zwei Tage auf dem Zeltplatz verbracht und versucht, zu jedem einzelnen Kind Kontakt herzustellen, jedem zu vermitteln, du bist wer, du kannst was. Und doch hat es diesmal nicht so geklappt. Statt der begeisterten Anrufe von zu Hause, wie gerne das Kind jetzt in die Schule geht, kamen diesmal die Anrufe, man erkenne das Kind nicht mehr wieder. Der zuerst beschriebene Schüler wurde zu Hause am Mittagstisch kopiert. "Du hast mir gar nichts zu sagen, mir doch egal..."
Die Kinder können nicht dafür. Aber auch außer den beiden beschriebenen gibt es einige Kinder mit argen Problemen, die sie alle schon länger haben. Wir können sie nicht in kurzer Zeit therapieren. Wir haben jedoch die Verantwortung für alle. Und wenn das Bauchweh abnimmt, nehmen wir das als gutes Zeichen. Und das nimmt ab mit der Ruhe, die herrscht. Und die nimmt in dieser Klasse zu bei Maßnahmen, die hier nicht von jedem gutgeheißen werden.
Zustandsbeschreibung
von ishaa