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Forum: "Aktuelle Lehrerbeschimpfung im Stern Nr . 44"
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| Maischberger | | von: elceng_th2
erstellt: 27.11.2008 12:24:22 |
Die Chefideologen des mehrgliedrigen Schulsystems waren wieder unterwegs. Dieser bayrische Bauerntrottel und diese nordrheinwestfälische Hauptschulpropagandistin. Sido hat natürlich wie erwartet antiautoriären und geistig verdummten Blödsinn erzählt und schön blöd provoziert, die Lehrerhassering war zu keiner Zeit ernstzunehmen und hat toll das Klischee der Elternclique bedient, die man sich immer als Horror für jeden Lehrer vorstellt und die Schülerin von der Gesamtschule hat sich ihre Schülerwelt auch schön zurechtgebogen, wie es eben gerade paßte. Der einzige durchgängig zumindest keinen Unsinn erzählte, war der Herr Pilawa.
Zu der Lehrerarbeitszeit: In Sachsen sind so gut wie alle Lehrer, ich glaube das Ministerium gestand neulich 80% ein, auf Kurzarbeit bzw. Teilzeit.
Die Lehrerschaft scheint das aber nicht übermäßig zu stören; meine ehemaligen Oberschullehrer tun laut eigener Aussage nur noch die notwendigste Arbeit, keinen Handschlag zuviel bitte. Der Unterricht in der Restschule, also dem Hauptschulbildungsgang in unserer Mittelschule, fällt jedes Jahr niveauloser aus und hat nicht mehr viel mit deren früherer Tätigkeit zu tun. Denen ist die Abwesenheit von Spaß und Berufsliebe anzumerken.
Umgekehrt töten einen die Unterstufenlehrer (Grundschullehrer), wenn man Vollzeit bei vollem Lohn anspricht. Da hat sich die Faulheit in den Jahren seit 91 irgendwie schon durchgeschlagen und die Damen möchten anscheinend nicht auf ihren relativ freien Nachmittag verzichten. Ich frage mich nur, wie die das früher gemacht haben, denn zu DDR-Zeiten war der Lehrer mit 48 Wochenstunden einschließlich Sonnabend und Nachmittagsbetreuung angesetzt.
D.h. ausgerechnet die Lehrer hätte man als erste zum Feind, wenn man bspw. den Sonnabend wieder als regulären Unterrichtstag einführen wöllte oder die Tagesschule als Pflichtschule für alle.
Im Speisesaal wird jedenfalls gerne und häufig rumgejammert; 3 Tage die Woche über das unglaublich schlechte Niveau des Schulsystems und der Schule heutzutage, und 2 Tage über die "unerträgliche Situation", wenn man mal nicht um 12 das Gebäude verlassen könne. Und üerhaupt, diese Ausbeutung, diese schlimmen Arbeitsverträge, diese Unterbezahlung. Vollzeit würde aber keiner arbeiten wollen.
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| Sachsen | | von: elceng_th2
erstellt: 27.11.2008 19:26:01 |
Am wahrscheinlichsten für die guten Ergebnisse Sachsens ist die Ausbildung der Lehrer hierzulande der entscheidende Faktor gewesen.
Der Altersschnitt ist hier beinahe 50, d.h. die allermeisten haben noch zu Ostzeiten studiert. Im Klartext:
- einphasiges Diplom- oder IfL-Studium mit mehr Praxis als heutzutage, vom 1. Studienjahr an
- ordentliche Betreuung im "Großen Schulpraktikum" durch Mentoren und Direktoren
- Schwerpunkt Methodik ("Wie wird gelehrt?"), denn die Didaktik ("Was wird gelehrt?") lag so gut wie komplett im Bereich des zentralistischen Lehrplans (von der mehrwöchigen Frei-/Wiederholungsphase am Ende des Schuljahres abgesehen)
- besseres Anknüpfenkönnen der Lehrer an die Infrastruktur in punkto Tagesschule, Hort, Erzieherinnen im Hort, Schulspeisung, Kinderkrippen, Kindergärten, Bildungsauftrag der vorschulischen Einrichtungen und hohes Prestige für MNT statt für Geisteswissenschaften wie im Westen.
Die Lehrer lehren also besser. Schließlich hat das Studium ihnen damals von der Pike auf ein neudt. zweidimensionales Classroom Management vermittelt.
Ansonsten ist hier nichts Außergwöhnliches zu finden; ein vollausgebautes mehrgliedriges Schulsystem; wenig Unterrichtsstunden in den Naturwissenschaften, wenig Unterrichtsstunden für die deutsche Sprache, allgemein wenig Unterrichtsstunden, der starke Technikunterricht an der Realschule wurde erheblich gedrosselt und in ein verwaschenes Fach namens WTH umgemodelt, das Schulnetz ist seit 2000/2001 extrem ausgedünnt worden - hunderte Schließungen ausgerechnet auf dem Lande, es gibt immer wieder Probleme mit den Rußlanddeutschen (eher sprachlich, manchmal auch kulturell/verhaltensmäßig) usw..
Gut, die Klassengrößen sind angeblich im Vgl. zu Westdeutschland moderat. Ich saß z.B. 1999 in meinem Realschulbildungsgang mit 18 anderen in der 10. Klasse; die Hauptschulklasse in unserer Mittelschule hatte 12 oder 13 Schüler oder sowas.
Normale Klassengrößen werden aber wohl auf das ganze Land gezogen so 24, 25, 26 sein, also arg viel eigentlich. Klassen mit sage und schreibe 30 Kindern gibts auch.
Richtig interessant wird es aber erst die nächsten Jahre; nach dem Zusammenbruch der DDR kam Sachsens Schulgesetz erst 1994 und die Lehrpläne blieben bis 1998 vor einer radikalen westdeutschen Generalüberholung verschont; es fanden nur die üblichen tiefgreifenden Eingriffe in die Fachsystematik und die Stoffülle statt.
Die ersten Kinder, die aber so richtig in die "echte" neue Grundschule kamen und danach das vollausgebaute gegliederte Schulsystem durchlaufen haben, werden jetzt erst mit der Realschule fertig. Und zwischenrein (2005) gab es ja noch die Radikalkur "Kompetenzorientierung + Stoffausdünnung" für alle Lehrpläne.
Die Ergebnisse in fünf Jahren und darüber hinaus sind also wesentlich bedeutsamer als jetzt die restlichen Zuckungen einer untergegangenen Diktatur.
Schönen Gruß |
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