Rechtschreibung ist nicht alles. Niemand beherrscht die dt. Rechtschreibung bis in ihre kleinsten Verästelungen. Was mit einem derartigen Diktat getestet worden ist, ist lediglich die Fähigkeit, akustisch Wahrgenommenes in Schriftzeichen zu transformieren - mehr nicht. Das ist ein minimaler Teilleistungsbereich aus all den Fähigkeiten, die ein Mensch hat. Du wirst Dich wundern, wenn Du das selbe Diktat den Schülern zum Abschreiben vorlegen würdest. Ein Teil würde seine Leistung wahrscheinlich verschlechtern und ein anderer verbessern. Es gibt nicht sehr häufig eine Qualitätsparallelität zwischen der auditiven und visuellen Wahrnehmungsfähigkeit. Deshalb wurde in RLP eine Konsequenz gezogen: Diktierte Texte sind für die Überprüfung der Rechtschreibfähigkeit an der GS die Ausnahme, die ab der 3. Klasse ein- oder zweimal pro Schuljahr vorkommen wird, das gilt von nun an.
Außerdem: Für dieses Diktat benötigt man eine Menge grammatikalisches Wissen. Wer von den Erwachsenen beherrscht die Substantivierung von Verben und Adjektiven? Es sind die Wenigsten. Oder sind es gar die wenigsten? Alle Kolleginnen und Kollegen können eine Menge schriftlicher elterlicher Entschuldigungen vorlegen, die von Rechtschreibfehlern nur so wimmeln. Deshalb ist es auch nicht besonders sinnvoll, Diktate mit einem grammatischen Schwerpunkt zu schreiben. Es gibt mittlerweile eine Menge Untersuchungen über die Worthäufigkeiten in der dt. Sprache. Da sollte man ansetzen, denn diese machen 90 oder mehr Prozent eines üblichen Textes aus.
Ich denke, in Dir schreibt einer, der nicht als Lehrer im deutschen Schulwesen sozialisiert worden ist.