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Forum: "Schule - Vermittler eines falschen Unternehmerbildes ?"
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| @vobiscum | | von: emiliach
erstellt: 12.10.2008 22:11:56 geändert: 12.10.2008 22:12:52 |
Deshalb finde ich: man muss in der Schule keine Eulen nach Athen tragen.
Klar nicht, schon gar nicht brauchts in der Schule Diskussionen über den Untergang oder die Lubhudelei über den "real existierenden Kapitalismus" ( ).
ABER: Was ist dagegen einzuwenden, z.B. mal "Unternehmer" zu spielen, mal Ideen zu beleuchten und ggf. Marktlücken zu finden? Wo sollen sie denn herkommen, die Denker und Entwickler, wenn nicht aus dem Nachwuchs?
Ich kenne etliche Jugendliche, die durchaus tolle Ideen zur Existenzgründung haben, denen aber von der beratenden Erwachsenenwelt viel zu oft gesagt wird: "Funktioniert eh nicht", "Wie willst Du das denn finanzieren?", etc.
Tatsache ist, dass sich heutzutage quasi niemand mehr auf einen sicheren Job verlassen kann und jeder Heranwachsende gut beraten ist, wenn er durchaus auch ins Auge fasst, mit welchem Können er sich ggf. mal selbst am Markt positionieren könnte. Hierbei geht es gar nicht mal um die ultimative und Millionen einbringende Geschäftsidee á la Bill Gates, sondern vielmehr darum, rechtzeitig dafür gerüstet zu sein, dass sich das Leben so rasend schnell ändern kann, dass man kaum hinterher schauen kann.
Wer hier nicht den Hauch von Kreativität oder mindestens in Ansätzen unternehmerisches Verständnis hat, ist schnell weg vom Fenster.
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| @emiliach | | von: unverzagte
erstellt: 12.10.2008 22:39:48 |
Klar nicht, schon gar nicht brauchts in der Schule Diskussionen über den Untergang oder die Lubhudelei über den "real existierenden Kapitalismus"
genau darauf hätten wir vor ca. 26 jahren ungern verzichtet in unserer realschule, klasse 9-10, arbeitgemeinschaft politik.
zum glück hatten wir einen ausgesprochen engagierten kollegen, der "mutig" genug war, uns mit dem gedankengut von stalin, lenin, marx, engels...zu konfrontieren und eben auch zu diskutieren.
wirtschaft und politik gehört heute zwar nicht zu meinen fächern, aber ich befürchte, du unterschätzt die jugendlichen und ihre fähigkeit zur kritischen reflexion...ich habe keine ahnung, wie der aktuelle lehrplan aussieht in der sek.1 und 2 diesbezüglich, aber ich hoffe, dass es eben nicht ausschließlich um bsp. praktische themen, wie schuldenvermeidung etc. geht. |
| berechtigte Kritrik | | von: missmarpel93
erstellt: 13.10.2008 10:09:23 |
Wer die Diskussion nachträglich verfolgt so wie ich, kommt zu der Überzeugung, dass die Kritik, die im ursprünglichen Text der IHK geäußert wird, nicht gänzlich ud der Luft gegriffen scheint.
Bei Schülern und auch deren Eltern vermisse ich größten teils Verständnis für einfache wirtschaftliche Zusammenhänge. Auch die lieben Kollegen, die vielfach von "Unkosten" reden, lassen mich zweifeln. Dabei ist das verblüffende unabhängig vpn jeder Ideologie, dass die betriebswirtschaftlichen Grundlagen sowohl im Kapitalismus als auch im Kommunismus gleich sind. Wer näheres erfahren möchte, sehe sich doch einmal ein Skript für BWLer an und beschäftige sich mit Produktionsfaktoren und Kostenfaktoren.
Problematisch ist, dass nicht die Masse der Kleinunternehmen wie Gastronomen, Händler, Handwerker, Bauern etc. das Unternehmerbild prägt sondern die Vorstandsvorsitzenden der DAX-gelisteten Unternehmen. Genauso wird das Bild der Gewerkschaften verzerrt dargestellt.
Aufgabe der Schule ist es aber Schüler als Marktteilnehmer zu selbständigem Handeln zu erziehen. Diese Selbständigkeit hat aber nichts mit unternehmerischer Selbständigkeit zu tun.
Spätestens in der Berufsausbildung in einem mittleren Unternehmen werden die Auszubildenden lernen müssen wie Wirtschaft funtioniert. Die Lehrwerkstätten übernehmen teilweise Servicefunktionen für andere Betriebsteile und müssen ihre Leistungen anbieten, d.h.: Sie müssen ihre Kosten kennen, betriebliche Abläufe kennen uswusf. Hinzu kommt dass die gewerblichen Lehrlinge mit den kaufmännischen kooperieren müssen. Es kann also nicht schaden, wenn Schüler in der Schule in Schülerfirmen bereits erste Erfahrungen sammeln konnten.
Wer Wirtschaft ideologiefrei betrachtet wird feststellen, dass die Beschäftigung mit wirtschaftlichen Grundlagen ganz spannend ist und die Schüler tatsächlich auch interessiert.
In den Familien wird über "Geld" eigentlich nur da gesprochen, wo keines da ist.
Die verblüffenste Erkenntnis für alle ist eigentlich, dass Geld nicht "weg" sein kann, es kann sich maximal "woanders" befinden. Wer diese Grunderkenntnis erst einmal erarbeitet hat, hat schon das meiste verstanden. |
| @ lupenrein & emiliach | | von: bakunix
erstellt: 13.10.2008 10:47:15 geändert: 13.10.2008 10:50:56 |
lupenrein schreibt:
„Jetzt versuchen wir mal den Spagat zwischen vorhandenem iPod, hoher Handyrechnung, regelmäßigem Konsum von in quaderförmiger Verpackung versteckten flüssigen Süßspeisen (statt Tee in der Thermoskanne…)“. Ich müsste eigentlich schreiben: lupenrein polemisiert. Genau wie jener neoliberale Grünen-Abtrünnige und Neu-CDU-ler Oswald Metzger, der öffentlich formuliert hat, Sozialhilfeempfänger sähen „ihren Lebenssinn darin, Kohlehydrate oder Alkohol in sich hinein zu stopfen, vor dem Fernseher zu sitzen und das Gleiche den eigenen Kindern angedeihen zu lassen.“
emiliach schreibt:
„Tatsache ist, dass sich heutzutage quasi niemand mehr auf einen sicheren Job verlassen kann und jeder Heranwachsende gut beraten ist, wenn er durchaus auch ins Auge fasst, mit welchem Können er sich ggf. mal selbst am Markt positionieren könnte.“ Das ist genau jene Hartz-IV-Ideologie, deren Repräsentanten den Begriff der „Ich-AG“ geprägt haben und mittlerweile jämmerlich damit gescheitert sind.
Beiden ist der Grundgedanke gemeinsam, wir lebten in einer Welt der Chancengleichkeit, die nur manche, nämlich diejenigen, die sich selbst ins soziale Abseits stellten, zur wirtschaftlichen Teilhabe nicht nutzten. Da wird, und das ist bei diesen Argumentationsfiguren immer so, Politik und Lobbyismus, die in enger Symbiose zueinander stehen, einfach ausgeblendet, um sich sein Weltbild zurechtzulegen. Da wird gerne nicht wahr genommen, dass sich mit der Agenda 2010 eine Gesetzgebung manifestiert hat (z.B. Steuerbefreiung bei Unternehmensveräußerungen, Zulassung von Hedgefonds, radikale Einschränkung des Arbeitslosengeldbezugs, Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen, Privatisierung der Altersvorsorge), die der lohnabhängigen Bevölkerung enorme Nachteile gebracht hat. Und der neoliberale Ausweg, der von beiden oben Genannten präferiert wird, ist natürlich die Propaganda der Eigenverantwortung.
Da wird auch gerne nicht wahrgenommen, dass, gestützt auf die „Kirch-Kohl-Allianz“, ab 1982 eine Medienpolitik verfolgt wurde, die dazu geführt hat, dass die Bundesrepublik heute mit mehr als 30 Privatsendern über das europaweit umfassendste Angebot verfügt. Dass diese Medien sich ausschließlich an Quoten orientieren, d.h. dass sie eine Bevölkerungsgruppe bedienen, die größer als die Unterschichten ist, wie immer man diese quantitativ fasst. Da wird gerne ausgeblendet, dass man Menschen bewusst verblödet. Und jetzt wird sich über sie mokiert, dass sie nicht selbstständig und gebildet genug seien, sich im realen Wirtschaftsleben zurechtzufinden, weil sie nur Tattoos und Piercings im Kopf hätten, weil sie fett seien und sich nicht mehr bewegten, weil sie nur noch in Videotheken rumhingen, um sich die neuesten Filme abzugreifen, weil sie ständig einen Gameboy in den Fingern hätten, weil sie Premiere-Abonnementen seien, weil sie dem Tabak, dem Alkohol, dem Glücksspiel und dem ungezügelten Vögeln den Vorzug gäben, weil sie unfähig seien, Kinder zu erziehen, weil sie nur noch Unterschichtenfernsehen glotzten.
Ja, diese Leute sollen jetzt in der Schule das Denken des Unternehmers lernen, um sich von ihrer selbstverschuldeten Unmündigkeit (um Kant zu zitieren) zu befreien.
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| @unverzagte | | von: emiliach
erstellt: 13.10.2008 10:51:09 |
aber ich befürchte, du unterschätzt die jugendlichen und ihre fähigkeit zur kritischen reflexion...
Nö, befürchte ich eher gar nicht.
Im Gegenteil: Ich traue ihnen verdammt viel kritisches Urteilsvermögen zu und plädiere gerade aus diesem Grund dafür, ihnen soviel Wissen, wie nur möglich mitzugeben, eben damit dieses Urteilsvermögen ein stabiles Fundament zur "Untermauerung" bekommt. |
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